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Arabella Figg - Arabella Figg - 15.06.2022

Rapunzel ward das schönste Kind unter der Sonne. Als es elf Jahre alt war, schloss es die Zauberin in einen Turm, der in einem Walde lag, und weder Treppe noch Türe hatte, nur ganz oben war ein kleines Fensterchen.
Kälte umfing sie und Dunkelheit. Längst schon hatte sie es aufgeben sich die Nase an der Fensterscheibe platt zu drücken und hinaus in den Himmel zu starren, in der irren Hoffnung, es würde doch noch eine Eule am Horizont auftauchen. Mit einem Brief. Für sie. Arabella Edwina Figg. „Sie kommt schon.“, hatte sie am Morgen voller Zuversicht gesagt, als sie jeweils zwei Stufen auf einmal nehmend ganz undamenhaft die Treppe hinuntergeeilt war, um an den Frühstückstisch zu stürzen in der Annahme der Brief läge dort schon. Zwischen dem Blumenkranz um ihrem Teller herum und dem Geburtstagskuchen. Schokoladentorte! Vielleicht auch zwischen den Geschenken und der Kanne mit heißer dampfender Schokolade. Doch da war kein Brief. Und es hockte auch keine Eule am Fenster. Belle hatte sich gezwungen zu frühstücken und Zuversicht zu verbreiten. Vielleicht hatte sich das Tierchen ja verflogen? Oder ein Fuchs hatte sie? Das Mädchen hatte gemerkt wie die Eltern Blicke tauschten, hatte sie leise sprechen hören. Über sie statt mit ihr, die ihre Geschenke nicht ausgepackt, sondern sich auf das Fenstersims gehockt und hinaus gestarrt hatte, ihre Nasenspitze dabei gegen die kühle glatte Scheibe pressend. Die Schokotorte lag ihr wie Wackersteine im Magen. Belle war richtig übel gewesen. Und doch hatte sie nicht geweint. Noch nicht. Auch dann nicht, als der Vater das Offensichtliche aussprach, als die Mutter verzweifelt sagte, es könne doch gar nicht sein. Damals als das Buch aus dem Regal gefallen wäre, einfach so ohne jedes Zutun, das sei doch Magie gewesen. Arabellas erstes magisches Ereignis. Und als die Blätter im Herbst vor zwei Jahren um sie herum getanzt wären? Nur Zufall. Nur Wind. Da hatte die Mutter hemmungslos geweint und der Vater hatte sie in den Arm genommen, während Belle immer noch still und starr am Fenster gehockt hatte.

So wie jetzt. Unverändert. Obwohl die Sonne längst am Horizont untergegangen war, es nichts mehr zu sehen und nichts mehr zu hoffen gab. Irgendwann hatte Vater versucht mit ihr zu reden, versucht sie zu trösten. Doch sie hatte nicht reden wollen, nicht darüber! Hatte nicht hören wollen, was die Mutter nun seit stunden so zum Schluchzen brachte. „Sie kommt schon.“, immer nur der gleiche Satz. Von ihr. Rettungsring in Mitten einer tosenden See. Dumme, dumme Hoffnung, weil nicht sein konnte, was war. Als aber mehr und mehr und mehr Stunden zerronnen waren, wie Sand in der Hand, und es Nachmittag geworden war, hatte Belle doch auch angefangen zu weinen, Tränen waren in Strömen ihre Wangen hinabgekullert und wilde Schluchzer hatten ihre Schultern geschüttelt. Sie hatte sich doch schon alles so schön ausgemalt, in den buntesten Farben. Erst neulich hatte sie Mr. Olivander erzählt, dass sie bald kommen und sich einen Zauberstab bei ihm kaufen würde! Und wie sie mit ihren Freundinnen, wie bei einem vornehmen Damenteekränzchen, da gesessen hatte und sie gerätselt hatten in welches Haus sie Alle wohl kämen. In keines, lautete jetzt die Antwort für sie. Sie würde nicht mit dem Hogwartsexpress in die Schule fahren. Weil sie keine Hexe war! Sie war ein Squib! Was taten Squibs denn? Was konnte sie denn überhaupt tun? Belle wusste es nicht, weil über Menschen wie sie nicht wirklich gesprochen wurde.“Die armen Kinder., hatte sie ihre Mutter einmal sagen hören. Die armen Kinder. Damals hatte sie nicht begriffen warum diese Kinder arm waren. Und niemand hatte es ihr erklären wollen. Doch vorhin hatte sie die Eltern streiten hören. „Ich will nicht, dass man Belle das antut! Sie wird leiden. Sie wird immer wie eine Aussätzige behandelt werden, Arthur! Und wie soll sie sich ihren Lebensunterhalt verdienen?“ Vater hatte erwidert sie könne immer noch unter Muggeln leben. Als gäbe es hier keinen Platz mehr. Für sie. In ihrer Welt. Einer Welt voller Zauber und Magie. Und mitten drin. Sie selbst. Ganz ohne alles.

Belle schnäuzte sich die Nase mit dem weißen Spitzentaschentuch, als der Vater zu ihr ans Fenster trat. Hinein in die Dunkelheit. „Du hast deine Geschenke noch gar nicht ausgepackt, Prinzessin.“ Sie zuckte mit den Schultern. “Ich mag keine Geschenke.“ Nein. Mochte sie nicht. “Ich dachte sie kommt noch.“ Die Eule. “Ich weiß. Aber ein Geschenk solltest du dir vielleicht ansehen. Es ist auch gar nicht eingepackt.“ Und mit diesen Worten setzte der Vater Belle ein wildfarbengetigertes Knieselkitten in den Schoß. Ein winziges flauschigen Fellknäul. “Ohhhh...“ Ihre kleinen Hände streichelten im Dunkeln über das Kätzchen, welches ganz unvermittelt und flink von Arabellas Schoß hinauf bis auf ihre Schulter kletterte und dort maunzend thronte. Ganz wie es einem reinrassigen Kniesel mit ellenlangem Stammbaum entsprach. Belle lächelte. Das erste Mal seit dem Ausbleiben der Eule.

Sie würde noch unzählige Male lächeln, weil Sir Francis Drake, wie das Mädchen den Knieselkater nennen sollte, sie dazu brachte.
Mit Haaren und Liebe.
Er der fortan ihr einziges Spielgefährte war, nun da sie zu ihrem eigenen Schutz nicht mehr hinaus durfte, ihr nichts anderes blieb als dem Leben vom Fenster aus zu zu sehen. Oder sich beim lesen in fremde Länder und Abenteuer zu träumen. Ihr war wenig geblieben. An Freiheiten. Und an sozialen Kontakten. Doch von Haare und Liebe, da hatte sie im Übermaß!


Die Prinzessin verlangte aber nichts als ein Kleid von Mausehaut, und als er ihr das geholt, wickelte sie sich hinein und ging fort.
“Komm, Francis.“, sprach sie. “Kein ungehöriges Maunzen, bitte. Wir wollen Vater und Mutter doch nicht wecken.“ Das würde nur Tränen geben! Und womöglich geriete dann ihre Entschlossenheit ins Wanken! Und so schlich sich Arabella leis, ganz leis auf Zehenspitzen hinaus in die kühle Morgenluft! An ihrer Seite der treue Sir Francis Drake auf leisen Pfoten dahinschleichend und noch weniger Lärm machend als die junge Frau, welche äußerst bedachtsam die Haustür hinter sich ins Schloss zog. Tief sog sie die salzige Luft in ihre Lungen, einen Moment lang noch, nur wenig Schritte hinter der Schwelle, verharrend. War sie doch bisher nie wirklich alleine weg gegangen! Allenfalls ein wenig in der Umgebung spazieren war sie gewesen, doch jetzt wollte sie nicht nur nach Tintagle, sondern bis London! In die Winkelgasse. Sie hatte sich das alles genau überlegt und diese Gedanken ihren Eltern in einem Brief dargelegt. Es wurde Zeit, dass sie auf eigenen Füßen stand, dass sie ihren Betrag für die Gesellschaft leistete. Belle zweifelte nicht daran, dass ihr dies auch ohne Magie gelänge, hatte doch vor allen dingen der Vater sie immer wieder ermutigt an sich zu glauben! Außerdem hatte sie unzählige Bücher gelesen! Eins zwei Wimpernschläge noch, in denen sie still und starr vor der Tür des Anwesens stand, welches in den letzten Jahren ihr Zu Hause und auch ihr Gefängnis gewesen war, denn lief sie entschlossen los. Immer ihrer Nase nach, die Straße entlang und ihr Kniesel marschierte neben ihr. So ließen sie den goldenen Käfig hinter sich, in dem sie all die Jahre weggesperrt gewesen war, vor den kritischen Augen der Welt. Um sie sicher zu wissen. Mutig schritt sie aus, weil eine Welt randvoll mit Wundern und außergewöhnlichster Magie, mehr nicht besonders besondere Menschen brauchte. Ihrer Meinung nach. Damit auch die Dinge getan werden konnten, welche die Fähigkeiten mächtiger Hexen und Zauberer überstiegen.

Manch einer würde sie ob dieser Überzeugung herzlich auslachen.

Nun es konnte eben nicht Jeder über so untadeliges Benehmen verfügen, wie ihr Knieselkater Francis! Doch Belle konnte nachsichtig sein.

Und sie sah nicht zurück.


Da tat sich der Pelzmantel von Allerleirauh ein wenig auf, und das Sternenkleid schimmerte hervor. Der König faßte den Mantel und riß ihn ab. Da kamen die goldenen Haare hervor, und sie stand da in voller Pracht und konnte sich nicht länger verbergen.
Die Treppe ergoss sich aus einer Öffnung in der Decke des Schankraumes, welche zuvor noch nicht da gewesen war. Kaum dass sie den Boden berührte kamen zwei Kniesel, ein schneeweißer und ein roter Kater lautlos auf weichen Pfoten hinabgesprungen. Dicht gefolgt von einer junge brünette Frau, in einem graumellierten Mantel, der sich bei genauerem Hinsehen als einheitlich steingrau entpuppte, entstand der Eindruck von Mellierung doch allein durch die an dem dicken Wollstoff anhaftenden Knieselhaare. Über und über war Arabellas Wintermantel mit diesen bedeckt, ein Umstand, der die junge Frau nicht weiter störte. Hatte sie es doch aufgegeben bei den Kleidungsstücken, welche sie im Alltag trug, die Haare zu entfernen. Was ein weit mühsameres Unterfangen darstellte, als bei Katzenhaaren! Wer sich seine Wohnung mit 15 Knieseln teilte, der verzweifelte entweder an den Haaren, oder aber er gewöhnte sich daran. Denn wenn diese magische Katzenrasse irgendetwas im Überfluss zu geben hatte, so waren es Liebe und Haare. Und beides haftete an.
Bella ließ ihren Blick durch den leeren Schankraum der Drei Besen gleiten und stellte zufrieden fest, dass sie und ihre Kniesel die ersten waren. Albus, benannt nach dem Ordensleiter, und Bert strichen ihr ein paar mal emsig um die Beine, als sie sich den Tischen in der Mitte des Schankraums näherte, ehe die beiden jungen Tiere dann begannen auf lautlosen Pfoten den ganzen Raum zu erkunden, für sich in Besitz zu nehmen, während ein dritter Kniesel, ihr fast 16 Jahre alte wildfarbene Kater, Sir Francis Drake, wie eine Stola um ihren Hals lag und schlief.
Bella beschloss sich schon einmal nützlich zu machen und schob zwei der Tische zusammen, damit alle an einer großen Tafel würden Platz nehmen können. "Jungs, eins noch. Wir wollen heute einen guten Eindruck hinterlassen. Tadelloses Benehmen. Keine ungewollten Schmuseannäherungen." Ermahnende Worte an die beiden jungen Knieselkater, bevor die ersten Ordensmitglieder eintreffen und sie kennen lernen würden. War dies doch das erste Treffen an dem sie offiziell teilnahm! Sie und die Kniesel!

Und fast, ja fast wäre es ein Disaster geworden, kaum dass Alle Ordensmitglieder eingetroffen waren. Hatte doch ein junger Mann behauptet sein Freund sei allergisch gegen Knieselhaare. Allergisch! Und augenblicklich hatte sich das Gesicht besagten Jungs begonnen rot zu verfärben und da hatte Bella, die sich nur schwer fürchtet, es doch mit der Angst bekommen!

Doch...
Albus war ihre Rettung! Der auftauchende Mann, nicht der Kniesel. Obwohl es ihr sicherlich auch half das schneeweiße Tier an sich zu drücken. Denn obwohl der Kater sich in ihren Armen sträubte und fauchte, so war seine Nähe doch tröstlich. Für sie. Bella fühlte sich nie geborgener, als wenn sie zu Hause auf ihrem Sofa saß und ein Kniesel nach dem andern lautlos zu ihr kam um sich an sie zu kuscheln. Bis sie schließlich von 15 der Tiere umringt, ja schier unter ihnen begraben schien. Zwei Kiesel auf ihrem Schoß und einer auf ihren Beinen liegend. Ein Kniesel im Nacken und die Restlichen möglichst dicht bei ihr auf dem Sofa. Sitzend. Liegend. Ein Meer aus Haaren und Liebe bildend, in dem man sich treiben lassen konnte. Behütet und gewärmt war man, abgeschirmt von allen Unbillen der Welt. Für Arabella unverständlich wie man Kniesel nicht mögen konnte. Oder gar Angst vor ihnen hatte! Seit ihrem elften Lebensjahr spendete diese Katzenart, in Form von Sir Francis Drake, ihr Liebe, Trost und Geborgenheit. Kniesel waren Bellas Familie!
Doch hier im Orden schien es einige Skeptiker zu geben. Mrs. Kean jedenfalls sah aus, als sei ihr wohler, wenn keiner der Kniesel sie um Streicheleinheiten böte. Und schlimmer noch einer der jungen Männer war gar allergisch!! Sein Gesicht, schon ganz rot, drohte jeden Augenblick anzuschwellen, sich blau zu verfärben. Oder doch nicht? Erste Zweifel kamen ihr recht rasch nach Albus Erscheinen. Natürlich war der Mann nicht von überbrodelndem Temperament, ganz ähnlich wie sie selbst, und er neigte auch nicht panischem Verhalten (anders als sie gerade), doch blieb Dumbledore wirklich auffallend ruhig. Bot ihr einen Tee an. Bella nickte matt. Tee, war eines der Dinge, die neben Knieseln, immer halfen. Wenn die Welt in Chaos versank, wenn alle durchdrehten, dann kochte man Tee und streichelte einen Kniesel. "Gut, dass du da bist Albus. Ja. Ein Tee wäre fein, und ich fürchte der junge Mann hier..." ...brauch Hilfe., hatte sie sagen wollen, doch da meinte Albus gerade schon, dass Peter, so hieß der vermeintliche Allergiker, wohl etwas zu sagen habe. Hoppla! "Ahhhh...", entfuhr es ihr leise, als der Groschen fiel. Zumindest teilweise. Allergisch schien hier keiner zu sein. Doch warum um alles in der Welt hatte der junge Mann mit den verstrubbelten schwarzen Haaren, der Lilys Freund war, das denn dann behauptet? Die Erklärung kam prompt von ihm selbst. Es sei seine Schuld gewesen. Nicht Peters. Bella nickte. Nur um dann bei seinen nächsten Worten auch schon ihren Kopf zu schütteln. "Aber warum haben Sie das denn dann nicht genau so gesagt? Angst ist doch nichts wofür man sich schämen müsste. Und meine Jungs sind artig. Sie können von ihm weg bleiben." Demonstrativ setzte sie den weißen Kater auf dem Boden ab, schnalzte dann mit ihrer Zunge und sprach ruhig aber bestimmt: "Bert, Albus...Treppe!" Um ihre Worte zu verdeutlichen zeigte sie noch mit ihrem Finger in die entsprechende Richtung, als ihr etwas aufging und sie rasch noch an Dumbledore gewandt hinzufügte. "Nicht du natürlich, ich mein meinen weißen Kater. Ich hab ihn nach dir benannt." Nicht dass der Ordensleiter noch dachte, sie habe ihn auf die Treppe geschickt. Ihr Kater wusste allerdings genau, dass er gemeint war und marschierte brav zur Treppe um sich dann auf der untersten Stufe niederzulassen und Bella einen sichtlich beleidigten Blick zu zuwerfen. "T'schuldige Albus." Auch die Kniesel, welche aus der Wohnung hinuntergeschlichen gekommen waren setzten sich bei Bellas Worten alle auf den Stufen ab. Blieben auf der Treppe. Allein Bert, der rote Kater, musste einen Umweg machen, erkundete das Tier doch gerade die Höhle unter der dunklen Robe des Ordensleiters und entlockte diesem so ein Glucksen! "Bert! Er ist in der Tat sehr gründlich." Deswegen hatte sie ihn mitgebracht, auch wenn er einer der frechsten ihrer Kniesel war! "Meine Brünhilde bekommt die nächsten Tage ihren zweiten Wurf. Der erste war sehr vielversprechend. Aus ihm habe ich Bert hier behalten. Allerdings wird es diesmal ein Wurf Halbkniesel sein. Sie war so angetan von dem Katzenkater, der uns zugelaufen ist, dass ich es einen Versuch wert fand." Halbkniesel zu züchten. "Argus kann sich den Wurf aber gern ansehen. Vielleicht sagt ihm eines der Kätzchen zu." Und er einem der Kätzchen. Es musste ja immer passen, nicht wahr? Für Beide.

Was für eine Aufregung! Nur gut, dass keiner hier starb, wegen Haaren und Liebe. Nun da das geklärt war, würden sie anfangen können. Bella jedenfalls setzte sich nun sichtlich erleichtert an einer der Tische. Sir Francis Drake, den nichts mehr aus der Ruhe brachte, lag ihr immer noch wie eine Fellstola um den Nacken. Auf der Treppe saßen der immer noch beleidigte Albus und ihre andern Kniesel.

Alle, bis auf Bert. Der still und leise einfach unter Albus Dumbledores Robe geblieben war.