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Devlin Whitehorn - Druckversion

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Devlin Whitehorn - Devlin Whitehorn - 26.02.2023

„Nein, du musst die Mondphasen anders einzeichnen. Schau her, wenn du diesen Halbkreis zu weit zeichnest, dann verfälschst du damit die Skala und das gibt dir Abzüge ohne Ende.” Ein tintenverschmierter Finger fuhr erklärend über die Seiten des Astronomiebuches, während Augen abwechselnd zwischen dem sommersprossigen Gesicht des Zweitklässlers und besagtem Buch hin und her huschten. „Verstehst dus jetzt, Danny?” Der Junge nickte, grinste breit. „Danke, Devlin!” Der Fünftklässler nickte, grinste zurück. „Und denk dran: Sauber schreiben. Sonst ziehen dir die Professoren zu Recht die Löffel lang.” Er erhob sich, bewegte sich durch die Sitzkissen, auf denen Schüler verschiedenen Alters und verschiedener Häuser saßen. Mehrere andere ältere Schüler gingen ebenfalls herum, blieben hier und da stehen, um Ratschläge zu geben oder Fragen zu beantworten. Diese Nachhilfsaktion war echt eine brilliante Idee! Sich gegenseitig helfen, auf die Zugehörigkeiten von Häusern pfeifen. Nur auf den Willen, beim Lernen zu helfen kam es an.
Kurz blieb Devlin bei einer Schülerin aus Hufflepuff stehen, die über einer Zauberkunsthausaufgabe brütete und kurz davor schien, Tränen auszubrechen. „Wo drückts denn?” Eine gejammerte Erklärung später folgte ein Nicken, dann die ruhige Erklärung. Am Ende sah das Ganze gar nicht mehr so schwer aus, wie es zuerst gewirkt hatte. „Beim nächsten Mal durchatmen.” Ein Nicken, ein Lächeln waren die Antworten. Devlin richtete sich auf. Sah Proudfoot durch den Raum hinweg. Beide Schüler grinsten sich an, zeigten sich den gereckten Daumen. Der Sommer '60 konnte kommen.

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Eine Tür wurde zugeknallt, stürmische Schritte polterten eine kurze Holztreppe runter, bevor diese einen knirschenden Kiesweg entlang stürmten.
„Devlin Aiden Whitehorn!” Er blieb stehen, drehte sich halb um, den Mund zusammen gekniffen, die Hände zu Fäusten geballt. „Bild dir bloß nicht ein, dass du mich so stehen lassen kannst!” Teagan stand auf dem Absatz der Treppe, blicke ihren Neffen aus zornig blitzenden grünen Augen an. „Es geht dich einen Scheißdreck an, was ich tue, Tante Teagan! Liz gehört zu mir, zu ihrem Bruder!” „Und du glaubst, du kannst für sie sorgen? Sie groß ziehen?! Ihr die Sachen für Hogwarts kaufen?! Sieh dich doch mal an, Devlin! Du kannst doch kaum für dich selber sorgen! Wie willst du dann für Elisabeth sorgen?!” Er fuhr herum, vollkommen. „Sag mir nicht, was ich kann und was nicht, Tante Teagan! Ich bin ganz gut klar gekommen! Ich-” „Du hattest Hilfe!” Sie fiel ihm ins Wort, kam die Stufen herunter. Der Wind zerrte an ihrem laubgrünen Umhang. „Was ist mit den Proudfoots? Die dich aufgenommen haben? Die sich um dich gekümmert haben, nachdem Aislinn und dein Vater gestorben sind? Oder mir und deinem Onkel? Wir haben Liz aufgenommen, Devlin. Du warst nicht allein, mein Junge.” Auch sie hatte die Lippen aufeinander gepresst. Er zögerte. Schwieg. Wohl wissend, dass sie Recht hatte. Aber es damit keinesfalls besser, sondern nur noch schlimmer machte. „Sei doch vernünftig! Du kannst dich nicht um Liz kümmern. Nicht jetzt. Noch nicht. Ich bin sicher, du wirst ein guter Besenbauer. Aber mit deinem Gehalt kannst du unmöglich dich und sie versorgen. Und wo wollt ihr leben? In diesem kleinen Zimmer in Hogsmeade?!” Ein verzweifeltes Lachen folgte. Beantwortet von einem Schnauben. „Es ist meine Entscheidung, Tante Teagan. Ich werde auf Liz aufpassen und ihr alles geben, was sie braucht.”
„Du wirst ihr keinen Vater und keine Mutter geben können.” Stille. Eine erstarrte, kalte Miene. Er blickte sie einfach nur an. Die Hände so fest zu Fäusten geballt, dass es weh tat. Alles tuend, damit er jetzt nicht hier, vor seiner Tante, das Flennen anfangen würde. „Dazu hast du kein Recht.” Worte, zwischen Zähnen hervorgepresst. „Ich kann es auch nicht, Devlin. Aber ich kann ihr eine gute Tante sein. Hab nicht den Kopf so in den Wolken wie dein Vater.” Er sah sie an. Zitterte am ganzen Körper, atmete aus. „Fahr zur Hölle, Teagan!” Und mit einem Plopp war Devlin verschwunden.

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Er war nervös. Oh scheiße und wie nervös er war. Er konnte das Murmeln der Menschen durch den Vorhang hören. Sein Umhang saß auch unnötig eng. Wieso hatte er sich keinen machen lassen, sondern einen von der Stange gekauft? Ach ja richtig, sein ganzes Geld war für diese scheiß Besenlasur draufgegangen, deren Mischverhältnis er dreimal versaut hatte, bevor sie so rausgekommen war, wie er es gewollt hatte. Stimmt ja.
Konzentrier dich Devlin. Nervös strich seine Hand über den Stiel des Besens. Über den eingravierten Schriftzug an der Spitze. Nimbus 1000. Verdammt, es wurde ernst. Es wurde real. Wie lange hatte er darauf hingearbeitet? Wie lange hatte er sich die Nächte um die Ohren dafür geschlagen? Er konnte es gar nicht mehr zählen. Aber verflucht, das war es wert gewesen. Und wie es das wert gewesen war! Die ganzen Entbehrungen. Die Enthaltsamkeit. Es hatte natürlich Momente gegeben, in denen er darüber nachgedacht hatte, alles hinzuschmeißen. Dass es die Scheiße nie und nimmer wert wäre. Einfach bei Sauberwisch bleiben, geregeltes Einkommen, passt. Vielleicht innerhalb der Gesellschaft aufsteigen, eine eigene Werkstatt aufmachen und weiter Sauberwischs bauen. Besen mit den Namen von anderen. Wo wäre da das Problem gewesen.
Aber nein, das wäre nicht er gewesen. So gar nicht er. Devlin wusste das. Und eigentlich hatte Teagan recht gehabt. Er hatte den Kopf in den Wolken gehabt. Immer weiter, immer höher. Bis zu den Sternen. Darum war es doch gegangen? Dem Himmel entgegen streben, auf seine ganz eigene Art und Weise. Mehr zu erreichen, als man es ihm jemals zugetraut hätte. Aber auch, weil er es der Welt zeigen wollte. Er wollte der Welt zeigen, dass die Whitehorns noch Handwerker von Format waren. Er wollte Teagan zeigen, dass er für Liz sorgen konnte. Er wollte seinem Vater beweisen, der nie daran geglaubt hatte, dass die Whitehorns wieder zu altem Glanz finden könnten, dass sie es verdammt nochmal konnten. Und er wollte sich selbst beweisen, dass er es schaffen konnte. Dass er in der Lage wäre, über sich hinaus zu wachsen und mehr zu erreichen. Und er hatte es geschafft!
Langsam, vorsichtig, strichen seine Finger über den polierten Stiel des Besens. „Das ist für dich, Dad”, murmelte Devlin. „Du hast uns geliebt. Nur Mum hat dich darin übertroffen. Aber du hattest die Hoffnung verloren.” Seine Finger schlossen sich um das Holz, prüften die Stabilität. „Ich wollte die Hoffnung nicht verlieren. Ich wollte weiter machen, besser sein. Nicht wegen mir. Wegen Liz, wegen unserer Familie. Scheiße, wenn du uns beide jetzt sehen könntest. Spätestens jetzt würdest du vor Stolz tot umkippen.” Ein Grinsen, ein leichtes. Ein wehmütiges. „Aber Teagan... nein, Tante Teagan. Sie hatte recht. Du hattest den Kopf in den Wolken. Und hast nicht nach vorne gesehen. Wenn dus getan hättest.. und wenn du nicht gestorben wärst, dann hätten wir das zusammen machen können. Und ich hätte meinen Spaß dabei gehabt. Definitiv. Wir beide. Aber ist nicht schlimm. Wir schaffens. Gemeinsam. Ihr braucht euch beide keine Sorgen um uns machen.” Er ließ den Besen los. Atmete nochmal aus. „Guckt wenigstens zu, wenn ich mich blamiere.” Nochmal durchatmen, dann drehte sich Devlin um, während der Vorhang sich hob, er jetzt endlich die Besucher sehen konnte. Und er nur Blick für die erste Reihe hatte. Wo sie saßen: Elisabeth, Tante Teagan und ihre Familie und Tartarus Proudfoot. Die erste mit strahlendem Gesicht, die zweite unsicher, aber mit bewegter Miene und der dritte einfach nur freudig feixend. Devlin zwinkerte Liz zu, zeigte Tartarus kurz, an der Seite verborgen, den gereckten Daumen, bevor er Teagan zu nickte. Respektvoll. Es war wieder alles gut zwischen Ihnen. Jetzt, ab diesem Moment.
„Danke, dass Sie gewartet haben. Ich wollte nochmal sicher gehen, dass die Lasur auch wirklich trocken ist. Schön, wollen wir anfangen?”