Abbadon Selwyn - Druckversion +- Make Me Run (https://makemerun.de) +-- Forum: Auftakt (https://makemerun.de/forumdisplay.php?fid=1) +--- Forum: Verzeichnis (https://makemerun.de/forumdisplay.php?fid=7) +---- Forum: Steckbriefe (https://makemerun.de/forumdisplay.php?fid=48) +---- Thema: Abbadon Selwyn (/showthread.php?tid=1910) |
Abbadon Selwyn - Abbadon Selwyn - 28.10.2023 You're still burning bright Through all the empty darkness we'll find Love after life Der eisige Wind pfiff gehörig über den verlassenen Flecken Erde, auf den sich schon seit Jahren niemand mehr verirrte. Eine verlassene Ruine auf einer Insel, die ansonsten nicht viel zu bieten hatte. Es zog keine Menschen hierher und es hätte einfach nur eine verlassene und vergessene Insel sein können. Die Novemberwinde war kalt und rau, auf dieser Insel im Meer, weit weg von der schottischen Küste. Niemand verirrte sich dorthin. Und doch war es das fröhliche Lachen eines Kindes das sich in das Pfeifen des windes mischte. Fröhliches Lachen und Schritte, die sich über die mal grasigen, mal mossigen Steine bewegten. Ein weiteres Kichern mischte sich in das fröhliche Lachen des Kindes. Älter und tiefer. ”Find mich Abbadon. Du bist ganz nah.” Die ältere und tiefere Stimme lockte das Kind näher zu sich, zwischen die großen Steine an der Küste, wo die Wucht der Gezeiten sie irgendwann einmal aufgetürmt hatten. Eine kleine Höhle geformt hatten, aus der die ältere Stimme drang. Das fröhliche Kinderlachen sollte genau dorthinein kommen, in die Höhle, zu der Stimme und ihrem Klang folgen. Das fröhliche Kinderlachen folgte nicht, hatte es sich doch schon längst einen zweiten Zugang in die Höhle gegraben. Zwischen den Steinen hindurch um die Stimme zu überraschen. Denn er kannte dieses Spiel bereits, sobald er in die Höhle folgen würde, würde die Stimme mit einem lauten Plopp verschwinden und auf dem Rand der Klippe sitzen und auf ihn herunter blicken und lachen. Der mit dem fröhlichen Kinderlachen wollte diesmal die Stimme fangen und diesmal sollte es ihm auch gelingen. Derjenige, dem die ältere Stimme gehörte, der Hauself mit den großen und der sonnengegärbten Haut, der erwartete nicht, dass das fröhliche Kinderlachen nicht durch den Eingang spazierte, sondern ihn von hinten überraschte. Sie lachten gemeinsam, als das Kind sich auf den Hauselfen warf und sie durch den feuchten Sand kugelten. ”Du hast mich erwischt und ausgetrickst!” Rief der Hauself mit gespielt erboster Stimme und erntete dafür ein fröhliches, strahlendes Kinderlachen. Aber kein einziges Wort. Denn der Junge, der im feuchten Sand saß und sich so deutlich freute, der konnte nicht sprechen. Es hatte den Hauselfen nie gestört. Genauso wenig wie es ihn gestört hatte, mit dem Kind in die Verbannung geschickt worden zu sein. Sein Auftrag war auf das Kind aufzupassen und er erfüllte seine Aufgabe gut. Zumindest glaubte es Arthus, als er die Arme des Kind spürte die sich um ihn legten und ihn an das Kindergesicht zogen. Sie waren Freunde und er mochte das Kind. Sie konnten gemeinsam lachen, aber nicht miteinander sprechen. Arthus wusste von dem Schicksal des Knaben, ganz anders als das Kind selber. Aber konnte man vermissen, von dem man nichts wusste? Sie waren in die Verbannung geschickt worden, doch sie hätte nicht glücklicher aussehen können. Eine Papierschwalbe fand sie schließlich in der Höhle, das Essen war fertig und der Junge und der Hauself gingen heim. Nicht von der Insel, denn die durften sie nicht verlassen. Niemals durften sie woanders hingehen. Hier waren sie freie Gefangene. Der Junge wusste nichts von einer Welt außerhalb der Insel und Arthus hatte sie schon fast vergessen. Der Junge, Arthus und Rubina. Sie lebten hier. Ein Knabe der nicht sprechen konnte, ein Hauself und eine Haushälterin. Eine merkwürdige Kombination mochte man glauben, doch eine friedliche und glückliche. Als der Knabe die ältere Frau erblickte, die mit ihrem wehenden Kleid am Eingang der Burg stand und auf sie wartete, da riss er sich von dem Hauself los und stürmte auf sie zu. Fiel ihr in die Arme und drückte sie fest an sich. Ein Lächeln auf dem Gesicht des alten Hauselfen. Sie war nicht seine Mutter, doch der Knabe liebte sie, als wäre sie es. Seit nun mehr 4 Jahren waren sie hier. Die freien Gefangenen. Die man in die Verbannung und doch in die Freiheit geschickt hatte. Ein Leben in freier Gefangenschaft, denn es war frei von Pflichten und Erwartungen. Man hatte sie vergessen und es machte nichts, dass es so war. Weil sie sich hatten und nach allem was der Knabe verloren hatte, war es doch mehr, als sie sich alle jemals hätten erhoffen können oder nicht? Der Vater hatte den Sohn in die Verbannung geschickt, weil er ihn nicht haben wollte. Weil er ihn beschuldigte mit seiner Geburt gemordet zu haben. Weil er seine eigene Geburt überlebte und seine Brüder und die Mutter nicht. Sein Vater hatte seinen Brüdern die Namen von Erzengeln gegeben und dem Überlebenden den Namen des Engels des Abgrundes. Das Kind war niemals gewollt gewesen. Von dem Tag an als sein Herz geschlagen hatte und die der anderen es nie taten oder für immer aufgehört hatten, hatte er nichts anders entgegen gebracht bekommen als tiefen Hass und das ungewollt sein. 4 Jahre war es nun her, dass der Vater das Kind in die Verbannung geschickt hatte. An jenen Ort, wo er seinen ersten Atemzug getan hatte und seine Mutter ihren letzten. An den Ort an dem seine Brüder niemals hatten leben können. Vom Vater war er ungewollt und verstoßen worden. Umso mehr liebten Arthus und Rubina das Kind. Und niemand von ihnen wusste, dass es der letzte Tag ihres glücklichen Lebens sein würde. Die Sonne war längst untergegangen, als Arthus die Ankunft eines Gastes bemerkte. Ein Gast dem all dies hier gehörte. Ethelbert Selwyn war nach so vielen Jahren gekommen um nach seinem Sohn zu sehen. Um zu sehen ob er Fortschritte machte oder ob die Befürchtungen wahr waren. Das Kind stumm und ohne Magie geblieben war. Er konnte beides nicht, weder zaubern noch sprechen. Der Mann der vor ihm stand, war dem Knaben vollkommen fremd, doch er spürte die Angst und das Unwohlsein das von Arthus und Rubina ausging. Sie übertrug sich auf ihn, als der Mann nach der Hand des Kindes griff und ihn mit sich nehmen wollte. Nicht sagte wohin sie gehen würden, er sollte gehorchen und folgen. Wieso? Er kannte ihn nicht. Abbadon Selwyn kannte seinen eigenen Vater nicht. Woher denn auch? War der doch der glückliche Gefangene. Der verhasste Ungewollte. Der Überlebende. Der Mörder seiner Brüder und seiner Mutter. Nur wusste er nichts davon. Es war ihm nie gesagt worden. Alles was er wusste war, dass er nicht folgen wollte. Er wollte bleiben, nur konnte er es nicht sagen. Stattdessen zeigte er es. Als der Boden unter seinen Füßen von einer dichten Maße aus Eis überzogen wurde, die sich an den Beinen des Mannes hoch schlängelte und ihn daran hinderte weiter zu gehen. Erst als die kalten Augen des Vaters auf seinen eigenen Sohn hinunterblickten, da formte der Junge ein einziges Wort. ”Nein”. Die erste Magie und das erste Wort. Er wollte nicht gehen, er wollte bleiben. Doch es nützte nichts, es machte alles nur noch schlimmer. Der Mann, von dem Abbadon nicht wusste, dass es sein Vater war, brachte ihn fort von der Insel. Gewollt war der Junge immer noch nicht, aber immer noch ein Selwyn, immer noch einer der Sacred 28, immer noch ein Kind. Ein Kind, dass auch den Besitz der Familie immer wieder mit Wut und Eis überzog, der sich fürchtete vor den Menschen, die er nicht kannte und von denen er erst lernte, dass sie seine Familie waren. Durch die er lernte, dass er nicht wie die anderen war. Denn was auf dem einsamen Flecken Erde niemals ein Thema oder Problem gewesen war, wurde unter Menschen zu einem. Die Stimmen die er hörte und die nur zu ihm sprachen und die niemand sonst hören konnten. Die er immer als so natürlich und als einen Teil seiner selbst empfunden hatte, durfte es nicht geben. Sie hätten nicht sein sollen. Seine Familie brachte ihm bei, dass er nicht wie die anderen war. Aber dafür brachten sie ihm bei, was er getan hatte. Dass er überlebt und gemordet hatte. Er lernte, dass er ungewollt war. Vom Vater, aber eigentlich nicht von seinen Brüdern. Die ihn gerne bei sich gehabt hätten, aber es nicht zeigen durften. Es gab nur einen Menschen, der offen und ehrlich zeigte, dass sie sich freute, dass er zurückgekommen war in die Familie. Katherine, die zweite Frau seines Vaters. Die ihren Mann dazu bewogen hatte, sein verstoßenes Kind zurück in die Familie zu holen. Nun, da sie ihm ein weiteres Kind schenken würde, wollte sie die Familie zusammenführen. Und bei ihr fühlte Abbadon sich nie wie das ungewollte Kind. Nie verstoßen, nie ausgeschlossen. Sie schenkte ihm die mütterliche Liebe, die er von Rubina bekommen hatte und die ihm fehlte. In ihrer Familie fand er in seinem (Stief-)Cousin einen Menschen, der wie ein Bruder für ihn wurde. Der ihm nie das Gefühl gab ungewollt zu sein. Der ihm nie das Gefühl gab mehr Monster als Mensch zu sein. Auch wenn Abbadon dies am meisten von sich selber glaubt. Was er blieb war ein verlorenes Kind. Das sich immer fühlen würde als wäre er nicht ganz echt. Als wäre er kein Mensch. Der lernen musste mit den Stimmen in seinem Kopf zu leben, die ihm immer wieder Worte einflüsterten. Und die selten fröhlicher Natur waren. Als wären es die Stimmen seiner verstorbenen Brüder, die ihn aus dem Jenseits riefen. Die auf ihn warteten und wollten, dass er ihnen folgte. In das Leben nach dem Leben. “If I was dying on my knees You would be the one to rescue me “ Irgendwann war es Abbadon zu viel geworden. Die Stimmen in seinem Kopf, die Wut des Vaters, sein eigenes Gefühl nirgendwo dazu zu gehören. Und das obwohl er Freunde hatte, gute Freunde, verflucht gute Freunde. Menschen die ihn doch eigentlich immer bei Verstand gehalten hatten, die ihm jeden Tag aufs neue zeigten, dass es sich lohnte weiter zu machen und zu kämpfen. Die ständigen Stimmen in seinem Kopf auszuhalten, die Wut des Vaters zu ertragen und sich daran festzuhalten, dass ein Leben auf ihn wartete, in dem er sich von der Wut und dem Hass des Vaters lossagen würde können. Abbadon wusste diese Dinge und sie hatten ihn immer aufrecht erhalten, ihn weiter machen lassen. Er konnte nicht sagen, warum es ihm in diesem Jahr zu viel wurde. Warum er es nicht mehr ertragen konnte, warum sich weiter zu machen für ihn so falsch anfühlte. Er wusste nicht wieso, aber ihm fehlte die Kraft dafür. Vielleicht weil er das Gefühl hatte, dass alle seine Freunde sich weiter entwickelten, einen Plan von Leben hatten und sich eine Zukunft aufbauten. Nur er, er fühlte sich an, als würde er immer noch auf der Stelle treten. Immer noch der Junge sein, der ungewollt war, der keinen Wert hatte, der eigentlich keine Daseinsberechtigung hatte. Es war ein Jahr, in dem er das Gefühl gehabt hatte, dass die Stimmen besonders laut, besonders beißend nach ihm riefen und ihm noch weniger Schlaf als sowieso schon gönnten. Wenn das Jenseits so laut nach ihm rief, seine Aufmerksamkeit verlangte, warum sollte er den Stimmen nicht folgen? Ihr Begehren nach Grausamkeit und Blut nicht dadurch stillen, dass er sich ihnen selbst als ein Opfer anbot. Es war eine Zeit, in der man bei seinen älteren Brüdern bereits begonnen hatte, nach einer passenden Braut zu suchen. Und er wusste, dass man auch bei seinen Schwestern bereits nach geeigneten Kandidaten suchte. Nur er, er war, wie so oft im Leben, außen vor. Nicht der Mühe wert eine Wahl für ihn zu treffen und er sah sich nicht in der Lage selbst eine zu fällen. Die meiste Mädchen schienen ihm Angst zu machen, eine Unsicherheit in ihm hervorzurufen die er nur zu gut kannte und die er nicht wollte. Was für ein Leben führte er denn eigentlich? Diese Ferien waren eine Zeit in der Abbadon nicht mehr weiter wusste und sich mehr vor dem Leben, als vor dem Tod fürchtete. Er hörte auf, auf die Briefe seiner Freunde zu antworten. Was nicht bedeutete, dass er ihnen keine schrieb, doch er schickte sie nicht ab. Man würde sie schon finden, falls sie ihn irgendwann auf diesem verlassenen Felsen finden würden, der lange Zeit sein zu Hause gewesen war. Es fühlte sich an, als würde der peitschende Wind die alten Erinnerungen zurückbringen. Erinnerungen an eine glückliche Zeit mit seiner Nanny und seinem Hauselfen. Sie waren schon lange fort und er hatte sie nicht mehr wiedergesehen. Hier war er glücklich gewesen, vielleicht wäre es ganz gut, wenn er hier sein Leben beenden würde. Er in das Grab zu seinen Brüdern und seiner Mutter hinabsteigen würde, dort wo er doch eigentlich immer hin gehört hatte. Die besorgten Tränke halfen ihm, dass er keinen Schmerz verspürte. Sie halfen dabei, dass er das Gefühl bekam, es wäre ein friedliches einschlafen und sterben. Für einen Moment schienen sogar die Stimmen in seinem Kopf zu schweigen und zum ersten Mal seit einer langen Zeit spürte Abbadon was Stille bedeutete. Eine Mischung aus Erleichterung und Angst hatte ihn schon längst erfüllt, ein Weg zurück schien nicht mehr zu existieren. Nur ein Weg nach vorn in das Reich der Verstorbenen, wo er doch eigentlich hin gehörte. Bis die Stimmen zu rufen begannen, seinen Namen. Immer und immer wieder. Bis ihm bewusst wurde, dass es nicht die Stimmen in seinem Kopf waren die nach ihm riefen, ihn zurück in die Welt der Lebenden locken wollten. Es war nur eine Stimme. Die seines besten Freundes, der viel mehr wie ein Bruder für ihn war. Abbadon verdankt Alex sein Leben und er vertraute ihm auch an, was in ihm vorging. Berichtete ihm von den Stimmen, von den dunkeln Gedanken die ihn heimsuchten. Zum ersten Mal konnte er wirklich offen darüber sprechen wie er sich fühlte, dass er sich nicht wirklich als Mensch fühlen konnte. Weil er wusste, dass es nicht normal war diese Stimmen zu hören, dass es nicht normal war solche Gedanken zu haben, wie die die er hatte und die ihn trieben. Ihn nie wirklich ruhen ließen. Er schämte sich nicht einen Moment, als er sein Gesicht an die Brust des anderen drückte und bittere Tränen weinte. Tränen die vor vielen Jahren vielleicht schon hätten vergossen werden sollen und die Trost in einer Umarmung hätten finden sollen, die eigentlich sein eigener Vater ihm hätte geben sollen. Denn nicht nur der Herr des Hauses hatte an jenem Tag geliebte Menschen verloren, auch Abbadon hatte seine Mutter und seine Brüder verloren. Brüder mit denen er sein ganzes Leben lang ein Band spüren würde. Es fühlte sich zum ersten Mal richtig an diese Tränen zu vergießen und für einen Moment schwiegen sogar die Stimmen in ihm. Ließen ihn sich für einen Augenblick wirklich wie ein empfindsames, menschliches Wesen fühlen. Ein Wesen das wie alle anderen Hoffnungen und Träume in sich verspürte. Der sie nur nie ganz hatte sehen können, der sich nie hatte ganz fühlen können. Weil ihm immer ein Teil seiner selbst fehlen würde. Weil er nie würde vergessen können, dass er die Schuld trug. Die Schuld überlebt zu haben. |