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Saoirse Campbell - Druckversion

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Saoirse Campbell - Saoirse Campbell - 27.11.2023

THE SONG OF FIRE AND WHISKY
Das Feuer prasselte im Kamin, fraß sich in die erst kürzlich hinzugefügten Holzscheite, die dem unerbittlichen Feuer zum Opfer fielen, doch war es ein Gutes, denn es erfüllte das geräumige Zimmer mit dieser Art von wohliger Wärme, die nur Kamine spenden konnten. Unzählige Stunden hatte Saoirse bereits in diesem Zimmer verbracht, oft den Flammen zugesehen wie sie Braun zu Schwarz verfärbten, wie ihre weiß-gelb-orangenen Zungen gen Kaminöffnung schlängelten und dem Knistern des Holzes gelauscht. Es hatte etwas wohlig Warmes an sich, selbst wenn sie nicht direkt in einem der Sessel am Feuer saß, sondern wie an diesem Abend nah an den Schreibtisch ihres Vaters gerückt war. Kurz huschte ihr Blick zu eben jenen Tannengrünen Sesseln, die aus hochwertigem Samt bezogen waren, wanderten dann weiter zur Seite zu Eoghans Bücherwand, die einer waschechten Bibliothek hätte entsprungen sein können. Nicht selten fand man sie in diesem Arbeitszimmer auch mit einem dicken Buch, aufgeschlagen auf eben jenen Sesseln lesend. “Saoirse Liebes, hörst du mir zu?!” wollte ihr Vater mit einem tadelnden Schmunzeln wissen, als ihr salbeigrüner Blick ruckartig zurück in das Antlitz ihres Vaters rauschten. Ihre Wangen färbten sich ein paar Nuancen tiefer, auf frischer Tat in einem Tagtraum ertappt. Dabei war sie höchst daran interessiert, was ihr Vater zu berichten hatte.
Es mochte vielleicht einfach an der Jahreszeit liegen, die die Landschaft vor dem großen Fenster in puffiges Weiß malte; dem angenehmen Geruch von Birke und Zedernholz, der sich durch das freigesetzte und verdünstende Harz im Raum sammelte; der Tatsache, dass Weihnachten kurz bevor stand. Ihr erstes Weihnachten, seitdem sie Hogwarts besuchen durfte und auch wenn sie ihren Eltern beim damaligen Erhalt des Briefs geschworen hatte sie würde in den Weihnachtsferien auf keinen Fall heimkehren, stattdessen in Hogwarts bleiben, war es dennoch anders gekommen. Ihre Eltern hätten es im Endeffekt vermutlich auch kaum erlaubt, immerhin waren sie zuhause und mussten geschäftlich nicht unterwegs sein. Letztendlich war es die Sehnsucht und Heimweh gewesen, das Saoirse einen Strich durch die Rechnung machte. So aufregend die Zeit in Hogwarts, das Schließen neuer Freundschaften, all das neue Wissen und Wirken von Magie auch war, sie vermisste ihr zuhause, ihre Eltern.
Und so kam es, dass sich Saoirse im Arbeitszimmer ihres Vaters wiederfand, ein paar Tage vor Weihnachten und sie wieder einmal eine seiner wahnsinnig interessanten Leerstunden zum Universum des Whiskys bekam. Heute war wieder Flüssigkeiten raten dran. Eine ihrer liebsten Beschäftigungen zu der sie sich stets fleißig Notizen machte, wie das fast zu Ende geschriebene Notizbuch aufgeschlagen vor ihr verdeutlichte. Sie würde bald ein Neues benötigen. Zwar durfte sie Whisky noch nicht trinken, doch war sie bereits ein echtes Aß darin anhand von Farbe, Dicke der Flüssigkeit und Geruch festzustellen, ob es sich dabei in welche Qualitätsklassen sich die Versuchsobjekte vor ihr einreiten. Sie mochte noch nicht alle richtig erraten, doch war sie schließlich jung und es gab viel Zeit zu lernen.

THE WORLD IS AHEAD
“Ich werde zu ihm in die USA ziehen”, eröffnete Saoirse mit ruhigen doch bestimmten Tonfall, als sie eindringlich zwischen dem Antlitz ihrer Mutter und ihres Vaters hin und her blickte. Ihre Unterarme lagen vermeintlich entstammt auf dem gemaßerten Holz des Esstisches, ihre Finger bis zu den mittleren Fingerknöcheln ineinander verhakt setzte sie alles daran ein versöhnliches, beherrschten und gleichzeitig resolutes Bild abzugeben. Ein Schneiben ertönte von ihrem Vater, unverständliches Gemurmel das nichts gutes sein konnte, kassierte er sich dafür doch sogleich einen nicht zimperlichen Schlag von Aurora gegen den Oberarm, die ihren Mann ermahnte “Lass sie weiter erklären Eoghan. Sei nicht so störrisch”. Ihre Mutter lächelte ihr auffordernd entgegen und Saoirse schnappte noch einmal tiefer Luft, um sich zu sammeln. Sie drückte die Unsicherheiten hinab, die wieder in ihr zu brodeln begannen, immerhin war es ein äußerst großer Schritt den sie im Begriff war zu wagen. Doch sie wollte es unbedingt. Alles trieb sie voran, nach draußen, vor allem aber in die entfernte Welt des magischen Amerikas. Nicht nur wegen Barnabas Thornton, sondern auch wegen den Hexen und Zauberern, die sie dort auf ihren Reisen kennenlernte, Orte, die sie genauer inspizieren wollte. Eigenheiten des Whisky Brauens, die sie mit den Gepflogenheiten der Familiendestillerie vergleichen musste. Unternehmenskontakte, die sie knüpfen könnte, um C.F.O. Whisky noch besser in den USA zu etablieren. Sie rieb die Lippen aufeinander, als würden ihr die Worte dadurch leichter über jene kommen.
“Ich weiß es ist eine wirklich umfassende Veränderung. Für uns alle. Doch darin liegen große Chancen, für unser Familienunternehmen und für mein persönliches Glück. Ich habe es mir lange und gut überlegt.” Kurz holte die Hexe Luft, löste ihre Finger voneinander, um sich mit Zeige- und Mittelfinger eine der rotbraunen Haarsträhnen hinter das Ohr zu schieben, die sich aus ihrem geflochtenen Zopf gelöst hatten. “Ich bin alt genug, um das entscheiden zu können und ich will es versuchen, sonst halte ich es mir ein Leben lang vor. Das weiß ich. Es kann funktionieren. Ich habe bereits einen Portschlüssel angefragt, sodass ich regelmäßig in der Destillerie vor Ort sein kann. Das heißt ich, wir können auch oft hier sein, um euch, die Familie und meine Freunde zu treffen” schloss Saoirse nun mit einem leichten Beben in der Stimme. Sicher hätte sie auch einfach ohne das Einverstädnis ihrer Eltern in die USA ziehen können, schließlich war sie dafür mehr als alt genug und besaß bereits seit Jahren ihre eigene Bleibe. Dennoch war ihr das Wohlwollen ihrer Eltern für diesen wichtigen Schritt wichtig, sie wollte es versuchen.
Es benötigte nichtsdestotrotz eine ganze weitere Stunde, um ihren skeptischen Vater von diesem Vorhaben zu überzeugen, zumindest insoweit, dass er ihr den Segen dafür gab. Dass Eoghan nichts von Barnabas hielt, war der ganzen Sache nicht unbedingt zuträglich gewesen, genau deswegen hatte sie ihn auch dazu verdonnert für den Abend allein in ihrer Wohnung zu bleiben und nicht mit in das Familienanwesen zu kommen. Das musste sie selbst klären. Es war ihr geglückt, wie sie mit einem stolzen Lächeln und Glas Whisky in der Hand, im samtenen tannengrünen Sessel ihres Vaters zurückgelehnt, feststellte. Kurz huschte ihr Blick zum Kamin, der am heutigen Abend aus geblieben war, doch vor ihrem inneren Augen prasselte längst ein angenehmes Feuer, während sie kurz an die unzähligen Lehrstunden in diesem Zimmer zurückdachte. Mittlerweile durfte sie die goldene Flüssigkeit trinken. Saoirse hob das Kristallglas an, schwenkte es in einer gekonnten Bewegung und beobachtete die dicken Schlieren, die am Glasrand haften blieben. Eine Sonderedition aus dem Hause Campbell, die nur für Freunde und Familie gedacht gewesen war. Sie leerte den Inhalt in einem großen Schluck und seufzte zufrieden.

SHATTERED DREAMS
“Es tut mir Leid Saoirse, komm schon Fehler passieren” erklang die zugegebenermaßen verzweifelte Stimme ihres Ehemanns. Verzweifelt sollte sie in der Tat auch sein. Schmerz peitschte durch ihren Körper, erfasste ihr Herz auf eine Weise, die sie niemandem wünschte. Es schien sie innerlich zu zerreißen, während sie zwischen Unglauben, einem vor ihren zu Asche verfallenen Traum und Verzweiflung schwankte. Nur war ihre Verzweiflung eine gänzlich andere als die seine. Ihre wurde von Wut angeleitet, einem Zorn, den sie kaum ein zweites Mal derart intensiv in ihrem Leben gespürt haben dürfte. Nicht nur, dass sie dieser Bergtroll mehrmals betrogen hatte, sie war es obendrein gewesen, die es herausfand und die ihn an diesem Abend zur Rede stellte, während er den unbeschwerten Zauberer mimte. Sie war nie ein eifersüchtiger Mensch gewesen. Sie hatte geglaubt ihr könne so etwas nie passieren, sie würde vorher merken, dass etwas nicht stimmte. Sie hatte geglaubt Barnabas wüde ihr so etwas nie antun, schließlich hatten sie sich die treue geschworen. Saoirse irrte sich auf ganzer Länge und wenn es etwas gab, dass ihr gar nicht gefiel, dann war es die Tatsache sich zu irren.
“Das war kein Fehler Barnabas. Das war verdammte Berechnung. Ein Fehler ist es rote Wäsche in weiße zutun oder den Pie zu verbrennen, aber nicht mehrmals in die Unterhose einer anderen Hexe zu rutschen!”, fauchte sie dem Zauberer entgegen, wich mit ausgestreckter drohender Hand rückwärts die Küchenzeile entlang, als er versuchte auf sie zuzugehen. Wie nur konnte er ihr das antun? Barnabas, der so schnell andere Menschen für ihr handeln und denken verurteilen konnte, wenn es vermeintlich nicht moralisch, nicht ‘richtig’ war? Sie kannte diesen Menschen nicht mehr und sie fragte wann das geschehen war, ob es dafür überhaupt einen bestimmten Zeitpunkt gegeben hatte oder er ihr all die Jahre vielleicht immer eine entscheidende Seite von sich verheimlichte.
“Bitte, du musst jetzt an uns glauben. Ich ändere mich. Wir können es immer noch mit Nachwuchs versuchen. Ich fühle mich jetzt bereit dazu” Fassungslosigkeit spiegelte sich in den weit aufgerissenen blattgrünen Iriden der Hexe, die sich mit einer Hand auf der Steinoberfläche halt suchend abstützte. Seit rund zwei Jahren hielt er sie hin, dass er sich noch nicht bereit fühlte. Er müsse sich noch austoben, das Leben genießen. Offensichtlich hatten sie darunter etwas gänzlich anderes verstanden. Ihr wurde übel. Ohne es bewusst zutun, tasteten ihre Finter nach einer der abgetrockneten Pfannen neben sich. “Willst du mich verarschen Barnabas? Was bei Grindelwalds verrottenden Gebeinen lässt dich annehmen, dass ich mit dir noch Kinder haben will? Dass ich überhaupt noch irgendetwas von dir will?” wurde Saoirse nun laut, trat mit einem Gesichtsausdruck der definitiv töten könnte und der Pfanne in ihrer rechten Hand ihrerseits einen Schritt auf ihn zu. Sein Blick huschte zu der Pfanne, ehe er die Arme in die Luft warf.
“Ich weiß ich hab Mist gebaut. Ich bemühe darum mich zu bessern. In Guten wie in Schlechten Zeiten, erinnerst du dich? Ich kann das wiedergutmachen, versprochen!” Sicherungen brannten in ihrem Verstand durch je mehr Barnabas sagte. Das konnte doch alles nicht wahr sein. “Oh sehr ‘nobel’ von dir, dass du ‘dich bemühst’. Ich will nichts mehr hören. Weißt du was? Ich will dich auch nicht mehr sehen, nie wieder! Wir sind Geschichte und jetzt verschwinde von hier” beschloss Saoirse, deren Tonfall mittlerweile von rasender Wut tropfte. Es war besser ihm zu zeigen wie zornig sie war, als ihn all den Schmerz sehen zu lassen, der sie unter der Oberfläche auffraß. Sie hatte das Gefühl zu zerbrechen und das wollte sie nicht vor seinen Augen tun. Diese Blöße wollte sie sich vor dem Mann, der ihr das angetan hatte nicht auch noch geben. Saoirse reckte das Kinn, funkelte ihn an. “Komm schon Schatz, wir kriegen das wied-” Das war zu viel. “Ich sagte du sollst verschwinden!” rief sie aufgebracht. Es benötigte wohl erst die in seine Richtung fliegende Bratpfanne, dass Barnabas verstand wie ernst sie es wirklich meinte. Gerade noch so wich er dem gußeisernen Geschoss aus, muste mit entsetzen feststellen, dass Saoirse bereits nach der nächsten etwas größeren gegriffen hatte. Es war wohl kein guter Zeitpunkt darauf zu bestehen hier zu bleiben und dass sie diese Krise überstehen würden. Nicht, wenn ihm sein Gesicht und sein Leben lieb war. Die Schottin jagte Barnabas wortwörtlich aus dem gemeinsamen Haus, blieb abrupt an der Haustür stehen. Ein wutenbrannter Schrei riss sich aus ihrer Kehle, vermischte sich mit der kalten Abendluft und wurde klangstark von dem lauten Klappern der zweiten Pfanne begleitet, die auf den Weg zur Eingangstür prallte und in kreisenden Bewegungen zum Stehen kam. Diesmal drehte sich Barnabas nicht um, er rannte vom Grundstück und war wenig später und einem letzten wehmütigen Blick zu ihr mit einem ‘Plop’ verschwunden. Schwer atmend stand sie noch einige Minuten in der Haustür, ehe sie wie betäubt zur Pfanne lief, um diese vom Boden aufzusammeln und zurück ins Haus zu bringen.
Die Minuten und Stunden verschwanden, in denen sie in Rage und Verletztheit all seine Kleidungsstücke in den Garten warf. Kurz spielte sie sogar mit dem Gedanken sie anzuzünden, doch schloss sie stattdessen die Tür und schrieb noch einen Eilbrief an eine Sicherheitsfirma, dass sie morgen Früh jemanden schicken sollten, der einen Personen-Blockier-Zauber auf das Haus legen müsste. Die beiden zur Waffe entfremdeten Pfannen wurden gespült und tropften auf der Küchenzeile vor sich hin. Saoirse wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, als sie endlich wieder einen tiefen klaren Atemzug nehmen und aus ihrer Trance aufwachen konnte. Es war bereits spät am Abend. Das Feuer prasselte in dem Kamin im Wohnzimmer und doch wirkte der Raum kalt, unbehaglich. Nichts an diesen brennenden Holzscheiten schenkte ihr Wärme oder ein Gefühl von Geborgenheit. Alles um sie herum fühlte sich mit einem Mal nur noch fremd an. Ihr schwirrte der Kopf, was an der dreiviertel leeren Whiskyflasche liegen konnte, die in ihrem peripheren Sichtfeld stand. Schniefend einatmend, wischte sie sich mit dem Ärmel ihres Baumwollpullover die salzigen Spuren von ihren Wangen, ließ die Finger der anderen Hand über den grauen Stoff des Sessels fahren. Sie vermisste den samtenen tannengrünen Sessel in diesem Augenblick, der so viel mehr bedeutete als nur ein Sitzgegenstand.