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Nefertari Burke - Druckversion

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Nefertari Burke - Nefertari Burke - 19.09.2024

على راسي Never sacrifice these three things: your family, your heart, or your dignity. أحبك

Kaum einen Monat war es her, dass sie ihre Hochzeit gefeiert hatte und heute stand sie im Anwesen jenes Familienzweiges, der in England seine Heimat errichtet hatte und hielt ein kleines Lebewesen in den Armen, das so fragil und zerbrechlich wirkte, wie nichts anderes. Ihr Herz schlug schneller und höher, während ihr Mann mit dem Vater dieses unschuldigen Wesens redete und scherzte. Ja, bald würde auch sie ein solch wundervolles Wesen in den Armen halten können und beiden Familien Ehre erweisen. Ein Finger war eingefangen und so festgehalten, als wäre es der Anker zu dieser Welt. Nefertaris Herz schlug immer schneller und freudiger. Sie hatten in keinem Augenblick Zweifel getrieben, wie auch, wenn das, was vor ihr lag, von den Göttern vorherbestimmt und in den Sternen niedergeschrieben stand. Und dennoch existierten die Erinnerungen an all das, was sie in ihrer Heimat zurückgelassen hatte. Sie würde nicht mehr ganz so einfach im Nil baden oder alte Freunde besuchen können. Sie würde nicht mehr mit ihrer Lehrmeisterin und ihren Mitschülern die Länder bereisen und so viele Dinge sehen, wie es Sterne am Himmelszelt gab. Es gab noch so viel mehr. Die Welt erstreckte sich über den Horizont hinaus. Ein sanftes Lächeln war dauerhaft auf ihren Zügen, während sie einmal kurz den Blick ihres Ehemanns auffing und diesen glücklich erwiderte. Er schien zufrieden. Die Geschäfte hatten durch ihre Verlobung wohl schon einen kleinen Aufschwung erlebt, aber mit der Heirat waren sie in Stein gemeißelt worden. Ein Baby. Es war nicht das erste Baby, das sie in den Armen hielt. „Aislyn.“ Eine glückliche Mutter beobachtete sie und der Blick des kleinen Jungen ruhte aufmerksam und wachsam auf ihr. Einmal kurz durch seine Haare streicheln, ehe sie leise in Arabisch zu singen begann. Ein magisches Lied, ein Gebet an die Götter, ein Schutz für die Kinder und eine Warnung für die bösen Geister und Gespenster, die jenen schaden wollten.

„Lauf hinaus, du, der du im Dunkeln kommst, der du heimlich hereinkommst, seine Nase hinter sich, das Gesicht nach hinten gewandt, der verliert, wofür er gekommen ist.
Lauf hinaus, du, der du im Dunkeln kommst, der du heimlich hereinkommst, ihre Nase hinter sich, das Gesicht nach hinten gewandt, die verliert, wofür sie gekommen ist.
Kommst du, um dieses Kind zu küssen? Ich werde dich es nicht küssen lassen.
Kommst du, um es zu beruhigen? Ich werde dich es nicht beruhigen lassen.
Kommst du, um ihm zu schaden? Ich werde dich ihm nicht schaden lassen.
Kommst du, um es wegzunehmen? Ich werde nicht zulassen, dass du es mir wegnimmst.

Ich habe seinen Schutz gegen dich aus Efet-Kraut gemacht, es bereitet Schmerzen; aus Zwiebeln, die dir schaden; aus Honig, der süß ist für die Lebenden und bitter für die, die dort drüben sind; aus den bösen Teilen des Ebdu-Fisches, aus dem Kiefer des Meret; aus dem Rückgrat des Barsches. Lauf hinaus, du, der du im Dunklen kommst.“


Nefertaris Daumen glitt zärtlich über die Stirn des kleinen Wesens und ein kaum wahrnehmbares Leuchten ging von diesem aus, ehe ein Kuss auf die Wange das Lied und das Gebet für ihren Schutz beendete. Sie war nicht alleine in diesem Land, Familie war nah und es spendete Kraft und Zuversicht, dass sie auch diesen vor ihr liegende Reise mit Bravour bestehen könnte. Eine Reise, die jener ähnelte, die bereits hinter ihr lag. Eine Reise geprägt von Lernen und Staunen, von dem Blick in die Sterne und zurück auf die Wurzeln. Hier würde sie nicht mehr von der Wüste träumen oder den dichten Regenwäldern, durch die sie gestreift waren, um dem Wunder der Natur zu begegnen. Nefertari schmuste mit dem kleinen Leben, das in diesem Augenblick der Inbegriff für diese Zukunft und Reise zu stehen schien. Ein kleines Leben, das so die Götter wollten, ihr schon bald geschenkt würde, während sie ihrem Mann eine gute Frau sein würde und ihm das Zuhause errichtete, das er suchte. Die Götter würden ihr auch weiterhin wohlgesonnen den Weg weisen.


على راسي Out of chaos came the light, out of the will came life. أحبك

An manchen Tagen fühlte es sich an, als wäre sie in eine andere Welt gestolpert. Anders, keinesfalls schlechter, und vor allem ungewohnt war es, wenn sie sah, mit welcher Leichtigkeit die Zauberstäbe geschwungen wurden. Sie hatte geübt und sich damit abfinden müssen, dass außer einem galanten Schwingen nicht viel davon erzählte, dass sie ihre Familie stolz gemacht hatte. Der Zauberstab fühlte sich nicht fremd an, aber für sie war es kein Teil ihres Körpers. In dem großen, steinernen Raum im Kellergewölbe des Anwesens waren die Vorbereitungen für das Ritual getroffen. In leicht leuchtender Schrift waren an Boden und Wänden in Kleinstarbeit und über viele Stunden hinweg die Schriftzeichen und unterschiedlichen Bannkreise angebracht und mit ihrem Blut versiegelt worden. Ein Tanz zu Ehren Isis und Hekas, damit jene auch in diesem Land ihrer Dienerin die Gunst nicht versagten. Die Weihe dieses Ortes, der ihr gehören sollte, ein Geschenk ihres Mannes, nachdem sie beide überlegt hatten, wie sie seiner Arbeit zuträglich sein könnten. Ein Ort, an dem sie die Nähe der Götter spüren konnte und in der ihre Worte, Gesten und Tänze zu einem Willen werden konnten. Sie sollte ihm nützlich sein. Nefertari hatte es in seinem Blick gesehen, dass ihn das überzeugt hatte. Warum auch nicht? Er wollte nicht ewig nur der Laufbursche seines Bruders sein.
Die Vorbereitungen, das rituelle Bad, das Räucherwerk, es war perfekt und vermittelte ihr ein unbeschreiblich berauschendes Gefühl. Den Tanz und das Ritual gehörte dazu und vor allem Ersteres bereitete ihr eine ganz eigene Freude. Der Augenblick, wenn die blanken Füße dem Rhythmus folgten und über den Boden schwebten, die Linien nachfuhren oder gänzlich darüber hinwegsprangen. Die Herzschläge, in denen die Finger durch die Nebelschwaden des Räucherwerks glitten und jene zusammen mit der durch den Körper fließenden Magie formten. Ein Gebet an die Götter, die ihre Welt geformt hatten und ihre Hand darüber hielten, damit dies hier ein Ort werden konnte, an dem sie ihnen nah sein konnte. Ein Ort, der mit ihrem Blut getränkt diesen die nötigen Opfer bringen und ihr den Erfolg sichern sollte. Ein Tropfen ihres Bluts fiel zu Boden, als die Magie den ersten Schnitt in ihrer Haut produzierte, der nächste folgte nur wenig später und versank wie alle anderen sofort in einem schwarzen Leuchten im Boden. Nefertari spürte den Schmerz nicht und genoss nur das Kribbeln auf der Haut und im Körper, während die Magie sich ausbreitete und ihr geliebter Pharao-Uhu, Akhekh, auf seiner Stange saß und dem Ritual beiwohnte. Sie würden hier ihre Heimat finden. Sie und ihre Eulen, die sie aus der Heimat mitgebracht hatte. Eulen, die die Verstorbenen nach ihrem Ableben begleiten und führen sollten, und deren Sicht in der Dunkelheit ihnen durch den Sonnengott Ra persönlich geschenkt worden war. Das Kribbeln der Magie, schwarz und blutig, auf der Haut, auf ihren Fingerspitzen, an den Füßen und im ganzen Raum, intensivierte das Erlebnis und ein friedliches Lächeln manifestierte sich auf ihrem Gesicht. Die Götter würden sie leiten.

على راسي And I tell myself: a moon will rise from my darkness أحبك

Was bei allen guten Göttern? Das Herz schlug ihr bis zum Hals, während sie aufrecht im Bett sitzend die Decke immer höher und näher an ihren Körper zog und gebannt auf das schlafende Gesicht des Mannes neben ihr liegend und in demselben Bett sah. Wieso lag er dort? Nefertari merkte, dass sie die Finger nach den friedlich wirkenden Gesichtszügen ausstreckte. Er lachte so selten wirklich ausgelassen und hatte immer diesen melancholisch, traurigen Nebel in den Augen. Friedlich. Lächelte er? Er hatte sie gerettet, nachdem sie von einem dieser Muggelfortbewegungsmittel angefahren worden war. Er hatte sie gerettet, als sie ungeplant und fluchtartig das Haus wegen der ungebetenen und ungewollten Besucher das Haus verlassen und einen Spaziergang angetreten hatte und bei den Muggeln gestrandet war. Sie zog die Finger zurück. Sie war eine Witwe und sollte längst wieder verheiratet sein. Sie hatte es nicht gekonnt. Der Gedanke, einen anderen Mann zu ehelichen, war ihr wie ein Frevel an den Göttern vorgekommen, vor allem aber hatte sich eine Taubheit eingeschlichen, die ihre Familie für eine Weile zum Schweigen gebracht hatte. Nefertari bekam am Rande der Kopfschmerzen und merkwürdigen Watte um sie herum mit, dass sie keine Kleidung trug und verstand die Welt nicht mehr. Scham. Verlegenheit. Unsicherheit. Es waren so viele Emotionen, die nicht zu ihr passen wollten. Ihr Auftreten musste elegant und dem Anlass entsprechend sein. Das Kinn nahm die nötige Höhe ein und der Blick war warmherzig und im richtigen Moment devot, vor allem wenn es um die Dinge ging, die in das Hoheitsgebiet ihres Mannes gefallen waren. Diese Gefühle in ihrem Inneren existierten nicht, hatten nie existiert.

Falsch. Das war falsch, das hätte nicht passieren dürfen, das war nicht passiert. Es konnte nichts passiert sein. Sie mochte diesen Mann, sie genoss seine Gesellschaft und war ohnehin immer begeistert, wenn sich jemand freiwillig für Tests meldete, aber manche Dinge waren dem Ehemann vorbehalten, selbst wenn es ein paar wenige Stimmen in ihrer Familie gegeben hatte, die ihr nach den unzähligen Jahren ohne Nachwuchs andere Sünden ans Herz legend zugeflüstert hatten. Sie war ihm bis zu seinem letzten Atemzug treu gewesen und auch darüber hinaus. Die Erinnerungen stachen und schmerzten. All die Stimmen, all die Hoffnung, weil es in der Familie ihres verstorbenen Mannes nicht unüblich gewesen war, dass die Frauen erst später schwanger wurden, hatten am Ende zu nichts geführt. Hatten die Götter sie verlassen? Hatte sie etwas falsch gemacht? War sie gemeinsam mit ihrem Mann abgestraft worden, weil er die Dämonen ins Haus gelassen hatte? Dämonen, die ihr das Leben zur Hölle gemacht und gleichzeitig mit genug Reichtum und anderer Versuchung ihren Mann eine viel zu lange Zeit bei der Stange gehalten hatten.
Nefertari biss sich auf die Unterlippe und huschte unbemerkt aus dem Bett, sammelte ihre Kleidung und stoppte. Was war passiert? Es fehlte etwas und gleichzeitig hatte sie das Gefühl in einer ihrer eigenen Kreationen gefangen zu sein. Ein Traumgespinst, das sich über die Sinne legte und einem die sehnlichsten Wünsche zu Füßen legen konnte. Sie meinte ihrer beider Lachen zu hören, seine Wärme spüren zu können und fröstelte außerhalb des Bettes nur.

Wohin jetzt? Wo waren sie überhaupt? Das Herz pochte so laut, dass es ihre Ohren zum Klingeln brachte. Sie erinnerte sich kaum, sie wusste, dass sie einen kleinen Urlaub in Amerika verbringen hatte wollen. Weit weg von dem Chaos, dem Krieg und glücklicherweise hatte sie genügend Möglichkeiten und Verbindungen, die sie zu pflegen hatte. Nefertari reiste gerne. Es war dieser Mann neben ihr gewesen, der sie mit seiner viel zu warmen Stimme einst gefragt hatte, ob sie Fernweh verspürte. Tat sie das? Sie hatte keine Antwort gewusst, aber in solchen Momenten waren die Erinnerungen an die Reise über den Kontinent ihrer Heimat präsenter als jemals zuvor. Vermutlich hatte sie diese Sehnsucht auch dazu gebracht, sich wieder ihrem Hobby zu widmen, das nicht nur davon erzählte, dass sie ein Händchen für die lieben Tierchen besaß, die wichtige Reagenzien besaßen und die man benötigte.
Es war jenes Hobby, das mittlerweile wohl eher einer Arbeit glich, das sie hierher gebracht hatte. Sie experimentierte gerne mit Räucherwerk, stellte Kosmetik her, die die Haut verjüngte oder gönnte sich einen Blick zurück in die Landschaften, die sie vermisste. Traumweber hatte sie das kleine Fadenkonstrukt genannt, das man in die Hand einschloss, damit jenes sich von den schönsten Erinnerungen speiste und plötzlich rannte man wieder mit offenen Haaren und lachend über einen Parcours mit Steinen, als gäbe es nichts Natürlicheres. Was hatte sie getan? Sie musste gehen, bevor er aufwachte. Sie mochte ihn. Sie mochte ihn sehr. Er hatte ihr geholfen. Mehr als einmal. Und kein einziges Mal hatte sie es zurückgeben können...

Die Finger glitten an die Anhänger um ihren Hals und ihr Kopf vermittelte ihr das Gefühl zerspringen zu wollen, so sehr schien er sich erinnern zu wollen. Aber Nein... sie versank in der Dunkelheit. Ammit würde sie richten und ihr Herz fressen und ihre Seele damit vernichten. Sie hatte es verdient. Sie hatte so viel Schlimmeres verdient. Dieser Mann mochte recht schnell den Mantel des 'Muggels' abgelegt und sich als Zauberer herausgestellt haben, aber... es war falsch. Das Letzte, an das sie sich erinnerte, war der Umstand, dass sie freudestrahlend eine zu Vollmond geerntete und bei einer alten Bekannten aus den Staaten erworbene Sorte Traumkraut direkt verarbeiten und testen hatte wollen. Rauschkraut. Es half mit dem Blick in die Sterne oder wenn man für die rituelle Tänze die Trance erreichen wollte. Es gehörte dazu und sie wollte es perfekt machen. Sie musste gehen. Jetzt, auf der Stelle. Sie wusste nicht, wo sie war, aber es war nicht wichtig. Zu ihrer Freundin fand sie hoffentlich noch, bevor der Mann aufwachte und die Fragen stellte, deren Antworten keiner von ihnen besaß oder besitzen wollte.