Kitty Murray
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Kitty Murray › Zivilist › Reinblut › Gespielt von Lily Jane
![]() ![]() ![]() Kitty Murray
WindprinzessinManche Dinge sollte man für immer schlafen lassen. Kaum einer weiß das besser, als die hochschwangere blasse dünne junge Frau, die ihre blonden Haare -entgegen der Mode- lang trägt und an deren Rockzipfel zwei kleine Kinder hängen. Bruder und Schwester. Zwillinge. So wie Caleb und sie. Sie und Caleb. Bald wird sie ein Weiteres, einen winzigen Säugling, in einem alten Kinderwagen durch die Straßen schieben, dabei merkt man ihr und den Sprösslingen die niedere Herkunft an. Nicht nur weil die kleine Familie Teil der Hausbesetzerszene Londons ist, sondern auch weil ihre Kleidung altmodisch und ärmlich wirkt. Still ist sie die Frau. Fast schon unsichtbar. Nur wenn sie mit ihren Kindern spielt kommt sie aus sich heraus, wirkt dann meist selbst noch wie ein Kind. Man könnte sie dann fast für die ältere Schwester der Kleinen halten denn für deren Mutter. Doch der Schein trügt Kitty Murray war nie ein Kind. Schon früh hat sie für ihre Geschwister, drei an der Zahl, die Mutterrolle übernommen. Denn als älteste Tochter eines arbeitslosen cholerischen Säufers und einer geistig labilen, nicht belastbaren Mutter, war es an ihr gewesen sich um alles zu kümmern. So gut sie konnte. Ihren Vater verabscheut Kitty, nennt ihn nur 'das Monster', doch ihre 'Mammy' hat sie lieb. Diese lebt inzwischen nun schon viele Jahre in der Nervenheilanstalt. Ihre älteste Tochter hofft sie eines Tages zu sich holen zu können. Wenn sie eine eigene, schöne Wohnung hat. Fernes Wunschdenken. Denn als magische Hebamme verdient sie gerade genug um sich und ihre Kinder durchzubringen, gerade wo ihr Ehemann einen großen teil seines Lohn in dem Casiono in dem er arbeitet auch wieder verspielt und versäuft. Und betrunken rutscht Duncan Murray schon mal die Hand gegenüber seiner Frau aus. Die Andere, welche tief, so tief in Kittys Seele schläft, immer dann erwachend und ihre Augen aufschlagend, wenn das Leben der schmalen kleinen Frau, oder das ihrer Liebsten ernstlich bedroht ist wartet geduldig. Darauf, dass Kitty sich nicht mehr zu helfen weiß, darauf dass kein Betteln und Flehen mehr nützt.
Wusstest du, dass...
Ich höre Dich noch rufen: Lauf um Dein Leben, so schnell Du kannst.
Zivilist „Ich bin Du, und wir sind wir, so sehr es mich zerreißt.“
Bezug zur Umwelt "Welchen Bezug ich zur Umwelt habe? Ich weiß nicht. Wissen Sie ich geh gern mit den Kleinen an der Themse spazieren. Ich mag es den Wind in meinem Gesicht zu spüren, mag es wenn er mir durch die Haare fährt und die Kinder können dort...ohhhh...ach so, Ihre Frage war auf die Gesellschaft bezogen, meine Mitmenschen. Vielleicht überrascht Sie das, aber ich beurteile Andere nicht mehr wirklich nach ihrem Blut. Ich weiß, das wird einem ständig so gesagt, dass reines Blut wertvoller ist. Aber sehen Sie Blut ist immer...rot und nass und man sieht es den Menschen auch nicht wirklich an, welchen Blutstatus sie haben. Ich versuche deshalb immer den ganzen Menschen zu sehen. Das muss man in der Geburtshilfe auch. Nicht für jede Frau, die in den Wehen liegt ist das gleiche gut und richtig. Man muss alles betrachten. Die Kindslage, den Gesundheitszustand des Ungeborenen, wie weit der Muttermund geöffnet ist, aber auch die Psyche der Frau. Erst wenn man alles berücksichtigt hat, kann man entscheiden. Und so ist es bei Menschen auch. Da machen es sich das Ministerium, die Strafverfolgung und die Auroren zu einfach. Doch wirklich. Sie verstehen das wahrscheinlich nicht, aber Moral muss man sich auch leisten können. Wenn die eigenen Kinder vor Hunger weinen, wird man nicht Rücksicht auf die Eigentumsrechte Anderer nehmen. Aber macht einen das zu einem schlechten Menschen? Zu einem Dieb? Wäre man denn besser ließe man sein Kind hungern? Es ist einfach zu sagen was richtig und was falsch ist, wenn man alles hat. Hat man nichts ist auch nichts einfach. Aber danach fragt niemand. Nur nach dem 'Was` niemals nicht nach dem `Wie` und dem `Warum`. Die meisten Leute urteilen vorschnell. Natürlich sind Gesetze wichtig. und man sollte sich auch an sie halten. Doch wirklich. Aber die Welt ist eben nicht nur schwarz und weiß. Und die einflußreichen, angesehenen Fuzzis und die Regierung, die sehen nicht richtig hin und helfen zu wenig. Vielen Menschen gehts schlecht. Und auch Muggeln. Da gibt's auch viele ohne Geld. Mieten sind schrecklich teuer, so dass man sich die kaum noch leisten kann, selbst wenn man viel arbeitet. Aber in London stehen massenhaft Häuser leer, trotzdem soll man nicht drin wohnen. Man macht sich strafbar, ohne dass man was falsch macht. Das ist nicht richtig, finde ich. Und sehen sie sich nur die Situation der Werwölfe an. Arbeiten dürfen sie nicht, eine Wohnung bekommen sie nicht...was sollen die tun? Also ja ich habe da auch Angst, gerade um die Kinder, aber seit ich eins zwei Werwölfe kennen gelernt habe, weiß ich, dass die ja, wenn nicht gerade Vollmond ist, ganz normale Menschen oder Muggel sind. Die meisten denk ich wollen auch nicht böse sein, wollen kein Monster werden. Man sollte versuchen ihnen zu helfen. Jeder verdient Hilfe, wissen sie. Und ja das ist nicht das was man mich als Kind gelehrt hat. Aber es ist das was ich sehe. Reicht Ihnen das so? Okay, muss ich mich wirklich zu den Todessern äußern? Na schön. Also das sind auch Menschen, nicht wahr? Mit Träumen und Hoffnungen und Gründen. Und nein, ich entschuldige nicht was die tun. Die Anschläge...die ganzen Toten...all das Leid...ich will das nicht...ich meine...das ist nicht richtig...das macht mir Angst. Manchmal habe ich einfach nur schreckliche Angst. Um ihn. und auch vor dem was er tun könnte. Kann ich jetzt bitte gehen, Sir?" Aufgewachsen ist Kitty in Liverpool, genauer gesagt im Stadtteil Toxteth, in dem auch schon die Familie ihres Vaters lebte. Jacomus hat es also auch räumlich gesehen nicht weit gebracht. (Nur ein paar Straßenzüge weit) Das Haus ihrer Kindheit zeichnete sich durch Fester aus, deren Scheiben so dreckig waren, dass man kaum hindurch zu blicken vermochte. Das Dach war auf der einen Seiten undicht, es regnete daher in das Zimmer der Zwillinge. Doch Kitty stellte dann einfach immer alles was sie an Töpfen und Schalen und Eimern fand unter die Rinnsale. In der Küche stapelte sich das dreckige Geschirr, und im Bad musste man auf dem Weg zum Waschbecken über Erbrochenes und verdorbene Essensreste hinwegsteigen. Mäuse huschten durch die meist leere Speisekammer und das Wohnzimmer wurde von dem alten speckigen Sofa dominiert, auf dem das Monster thronte, schnarchend schlief. Dennoch verbindet Kitty auch positive Erinnerungen damit. Nächte, die sie mit Caleb auf dem Dach verbracht hatte, oder im Schrank, in ihre eigene Welt eintauchend. Inzwischen lebt Kitty mit ihrer Familie in der Londoner Hausbesetzerszene. Als sie 1974 Duncan Murray heiratete musste sie aus dem Schwesternwohnheim des St. Mungos Hospitals ausziehen. Und weil sich das frisch gebackene Ehepaar keine Wohnung leisten konnte zogen sie kurzerhand einfach in ein leerstehendes Haus. Zusammen mit andern Hausbesetzern. Es sollte eigentlich nur vorrübergehend sein. Bis Duncan beruflich Fuß gefasst habe, was er jedoch nie tat. Sein Gehalt als Croupier in einem Casino und Kittys Verdienst als freiberufliche Hebamme, reichte immer gerade so zum leben. (Weil Duncun viel Geld verspielte.) Also lebt Kitty auch heute noch in einem eigentlich leerstehenden Haus, - inzwischen jedoch ein anderes, musste die kleine Familie doch bereits wegen polizeilicher Räumungen zweimal umziehen- zusammen mit Obdachlosen, Schwulen, Kriminellen, Werwölfen, andern Frauen, und Kinder, von denen sie vielen auf die Welt geholfen hat. Sie liebt die Gemeinschaftsgärten, die gemeinsame Abende am Lagerfeuer und sie liebt es, dass auch ihre Schwester Faith inzwischen Teil dieser Szene ist. Noch mehr lieben würde sie es nur wenn auch Caleb bei ihnen wohnen würde, doch ihr Bruder hält wenig von dem Abschaum mit dem sie sich seiner Meinung nach umgibt. Natürlich würde sie auch, nun da ihr Ehemann tot ist, zu ihm ziehen, doch ist Calebs kleine Wohnung viel zu klein, als dass sie mit drei Kindern bei ihm aufschlagen könnte. Ihr Scouse-Dialekt gibt zwar bis heute ihre Herkunft preis, doch sie sieht sich selbst als Londonerin ![]() Namensbedeutung Kitty Murray, geb. Ogden Worte sind Wind, und Namen nur Schall und Rauch. Oder aber alles was man von Wert besitzt. Wie im Falle von Kittys Familie. Verarmt. Asozial. Lebensuntauglich. Aber von reinem Blute! Jacomus Ogden, Kittys Vater wurde nicht müde dies immer wieder zu beteuern. Und den Stolz auf diesen Umstand in seine Kinder hinein zu prügeln. Allen voran nach dem Genuss des Feuerwhiskeys gleichen Namens. Richtig. Ogden Feuerwhiskey! Das war es, was man in der Zauberrerwelt mit ihrem Namen verband. Und Teil dieses Unternehmens zu sein hätte ihnen auch zugestanden, wie Jacomus in nüchterneren Momenten stets beteuerte. Blöderweise aber war einst Großvater Benthall, nachdem er sich mit seinem Vater zerstritten hatte, in der Erbfolge übergangen worden. Und damit war auch ihr Familienzweig gänzlich leer ausgegangen. Man musste flaschenweise kaufen was einem eigentlich fässerweise gehörte. Denn wäre es damals anders gekommen, dann, ja dann hätte Jacomus vielleicht, möglicherweise, gegeben falls sogar das Unternehmen geerbt!. Hatte sich doch sein ältester Bruder Tiberius von der Familie abgewandt und war nach London gegangen. So aber war eine reinblütige, jedoch psychisch labile Ehefrau, eine zänkische Schwiegermutter und ein Haufen verlauster Kinder alles was der schon seit Jahren arbeitslose und alkoholkranke Jacomus vorzuweisen hatte. Neben dem reinen Blut in seinen Adern, allein verwässert vom Alkohol versteht sich!. Man kann daher mit großer Federleichtigkeit behaupten die junge Frau habe die fanatischen Reinblutideologien mit der Muttermilch aufgesogen, war dies doch das einzige was die Eltern ihr bieten konnten. Sie ist mit Schauergeschichten über Muggel, welche die Großmutter ihr und ihren Geschwistern, als Gute Nacht Geschichten erzählt hatte, aufgewachsen. Und mit dem Hass und der Verachtung, die der Vater all Jenen entgegen brachte, in deren Adern unwertes Blut floß. Niemals nicht hätten die Ogden Kinder mit Halbblutkindern oder gar Muggeln spielen dürfen! Man hielt sich fern von derartigem Abschaum. Vielleicht aber, so denk Kitty heute, war es doch anders herum. Selbst der Abschaum hielt sich von ihnen fern. Von den zerlumpten ungewaschenen Ogdens, aus Liverpools ärmster Gegend. Und während ihre Geschwister bis heute Anhänger der Reinblutideologie sind, ihr Bruder Caleb sogar zu den Todessern gehört, so ist sich Kitty schon lange nicht mehr sicher wie viel reines Blut wirklich wert ist. Gewiss sie hätte es nie gewagt ein Halbblut oder gar ein Schlammblut zu ehelichen, ist irgendwie froh, dass auch ihre Kinder reinblütig sind. Doch wenn es darum geht Frauen bei der Niederkunft beizustehen, so macht sie keinen Unterschied. Und sie sieht auch keinen. Unter den Wehen sind alle Frauen gleich. Und Das Geld der Einen ist so gut wie das der Andern. Ebenso deren Dank. Kitty würde niemandem ihre Hilfe verwehren! Niemals nicht! Sowohl die Ogden's als auch die Murray's sind Pretender, was Kitty selbst allerdings nicht weiß. Sie hält vor allen Dingen ihre Herkunftsfamilie für wirklich reinblütig. Durch und durch. Ihr jetzigen Familiennamen Murray, hingegen sagt in England niemandem etwas. Ihr Ehemann Duncan beteuerte zwar, er entstamme einer angesehenen irischen Reinblutfamilie, nachgeprüft hat sie dies allerdings nie. Warum auch, sie war verliebt gewesen. Damals. Und ihr Vorname Kitty ist nun wirklich nur Wind...nichtssagend, nichts bedeutend. Nur Kätzchen. Persönliche Geschichte Tabellarischer Lebenslauf Numeri "BEI SALAZAR DAS KIND SOLL AUFHÖREN ZU KREISCHEN WEIB!" Jacomus wuchtete sich bei diesen Worten vom Sofa hoch und versetzte seiner Frau einen heftigen Schlag ins Gesicht. Felicitas stürzte, rappelte sich auf und taumelte zur Wiege in der ihre neugeborenen Tochter lag und greinte. Mit zittrigen Fingern holte sie die Kleine heraus. Vor drei Tagen erst hatte Mrs. Ogdens das Kind entbunden, es war eine lange und anstrengende Geburt gewesen und Felicitas fühlte sich dementsprechend immer noch wackelig auf den Beinen. Der Umstand, dass es seiner Frau nicht gut ging, hielt einen Jacomus Ogdens jedoch nicht davon ab sie zu schlagen. Warum auch? Sie war ein nutzloses Weibsbild. "EINE SCHANDE, DASS DU SCHON WIEDER EIN MÄDCHEN HERVORGEBRACHT HAST!", brüllte er weiter. Als ob dies allein die Schuld seiner Ehefrau wäre. "DAS SOLL SEIN MAUL HALTEN, SONST STOPF ICH'S IHM!" Felicitas liefen stumm Tränen über ihre geröteten und geschwollenen Wangen, als sie mit der immer noch weinenden Elektra aus dem Wohnzimmer Richtung Küche floh. "UND MACH WAS ZU ESSEN, VERDAMMT!" Die gebrüllten Worte ihres Mannes gemahnten Felicitas zur Eile. Nach drei vier Schritten jedoch stolperte die Frau und hätte um ein Haar ihr Neugeborenes fallen lassen. Da zupfte ein kleines blondes Mädchen, vielleicht grade mal 4 Jahre alt ihre Mutter am Rockzipfel. "Gib Lektra mir Mummy. Ich trag sie." Und Felicitas, die ihre älteste Tochter vor lauter Tränen kaum sehen konnte, reichte ihr das Baby. Leviticus Bemüht nicht auch nur das leiseste Geräusch zu machen, öffnete das Mädchen die Schranktür einen Spalt weit und schlüpfte hinein. "Caleb? Caleb ich bin hier. Ist schon gut, ist schon gut." Die Worte der Kleinen waren nicht mehr wie ein Wispern im Winde. Dunkelheit umfing sie, als sie die Türe wieder hinter sich zu zog, sie einhüllend wie in einem kuscheligen warmen Mantel. Sie konnte nichts sehen, doch das musste sie auch nicht um ihren Bruder zu finden. Er war da, im Schrank, zusammengekauert in der Ecke und still weinend. Sie wusste es. Einen Wimpernschlag lang hielt sie ihren Atem an, lauschend ob das Monster sie gehört hätte, ob sich nun schwere Schritte näherten. Doch es blieb still, totstill. Sie schob ein paar muffig riechende Wollumhänge beiseite, kroch auf allen Vieren über den Boden des großen alten Holzschrankes, bis ihre kleine Hand das Knie des Bruders fand. "Ich bin ja da.", sagte sie nocheinmal mit leiser tröstender Stimme. Und dann hatten die Zwillinge im nächsten Moment auch schon ihre Ärmchen fest, so fest umeinander geschlungen. Caleb presste sich an sie und sie wiegte sich mit ihm leicht hin und her. Hin und her. Hielt ihn. "Hey ney nah, hey schöch wah, hey schöch wäy hey schöch wäy schöch wah..." Ihr Singsang, nicht mehr wie aneinander gereihte bedeutungslose Silben, webte einen Schutzkreis um die beiden Kinder. Es war keine echte Magie, nichts was das Monster oder sonst wen daran hätte hindern können sie herauszuzerren Vielmehr bestand dies feine unsichtbare Gespinst aus Glauben, Hoffnungen und Träumen. Aus dem beseelten Wunsch nach Sicherheit und Überleben. Normalerweise hätte das Mädchen nun noch Brotkrümel um sich und den Bruder gestreut, als sichtbare Barriere. Doch sie hatten kein Brot mehr. Gestern hatte sie die letzten schimmeligen Reste ihren Geschwistern gegeben. Es musste also diesmal ohne Krumen gehen. Die Zeit zerrann wie Sand in der Hand, und keines der beiden Kinder hätte zu sagen vermocht wie lange sie schon so da im Schrank kauerten, aneinander geklammert, wie zwei Äffchen. Schließlich war es das Mädchen, dass sich vorsichtig, zögerlich ein wenig vom Bruder löste. Ihr Singsang verstummt nun, nachhallend in der Enge des staubigen, stickigen Schrankes. Schweigend ergriff sie den Zipfel ihres Rockes und begann stoisch damit Caleb den Rotz und das Blut aus dem Gesicht zu wischen. Doch der Dreck und der gerinnende Lebenssaft hafteten hartnäckig an des Bruders Haut. Sie spuckte mehrfach auf den Stoffzipfel, bis dieser feucht genug war, bis das Wischen damit besser ging. "Halt still, ich mach das wieder gut." Als ob sich alles mit Spucke wieder gut machen ließe. Ließ es sich aber nicht. Genesis "Was bist du ein elender Squib?" Die Stimme des Monsters durchschnitt die Luft, kalt und messerscharf. Er war beängstigend nüchtern, der Vater. Lallte kaum. Und er war schnell. Mit einem energischen Griff packte er ihre Katze am Nackenfell und riss das Tier in die Höhe. "Wollen doch mal sehen. Wollen doch mal sehen." Das Mädchen, alarmiert vom Fauchen des Tieres, begann augenblicklich zu betteln und zu bitten. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er ihrem Liebling etwas antun würde, hatte nur sich selber in Gefahr gewähnt. "Nein,nein, lass Lucy, bitte, lass sie runter." Das Monster lachte nur, dachte nicht daran von dem armen Geschöpf abzulassen. Stattdessen schüttelte Jacomus Ogden nun die Katze seiner Tochter, deren Fauchen sich zu einem schrillen Kreischen steigerte. "Du tust ihr weh, du tust ihr weh. Bitte lass sie doch, lass sie doch!" Von Panik durchsetztes, sich überschlagendes Stimmchen. Der Neunjährigen liefen die Tränen längst in Sturzbächen über die Wange, als sie angsterfüllt versuchte ihre Katze zu erreichen, sie dem Vater zu entreißen. Irgendwie. Vergebens. "Na los Kitty tu was. Hinder mich!", forderte dieser spottend, während er das keifenden fauchenden Fellknäuel immer grade so außerhalb der Reichweite seiner Tochter hielt und es unaufhörlich schüttelte. Als sei die Katze ein Staublappen, den man ausschütteln müsse. Kittys Weinen und Flehen wurde herzzerreißend. Sie konnte ihn nicht hindern, konnte nur immer und immer wieder 'nein, nein' schreien. Nur 'nein.'Aber alles Jammern und Betteln der Welt vermochte das Monster nicht zu erweichen. Er war halbwegs nüchtern und wild entschlossen die magischen Fähigkeiten aus dem Mädchen herauszukitzeln. Rausprügeln hatte sie sich ja nicht lassen, die Magie. Aber das Kind hing an diesem nutzlosen Katzenvieh, so viel war klar. Also würde sie zaubern. Spätestens wenn das räudige Mistding sein Leben aushauchte. Sie sah es wie in Zeitlupe. Plötzlich packte das Monster mit der andern Hand den Schwanz der Katze und ließ dann ihr Nackenfell los, so dass das Tier kopfüber in der Luft baumelte. Eins, zwei Wimpernschläge lang nur. Sie sollte diesen winz'gen Anblick, ihr Leben lang nicht mehr vergessen. Lucy hilflos mit dem Kopf nach unten vor ihr in der Luft hängend. Und wie die Katze knatternd fauchte und knurrte. Ein unwirkliches stetes Geräusch, dass sich zu einem schrillen Kleinkindkreischen steigerte, als Jacomus die Katze schließlich kraftvoll gegen die Wand schlug. Einmal, zweimal, blutrote Blumen an die triste dreckiggraue Wand malend. BAM, BAM, BAM. Beim dritten Mal verstummten die Schreie der Katze jäh. Sie würde niemals wieder fauchen, niemals wieder schnurren oder miaun. Still für immer war sie. Tot. Das Mädchen aber schrie und schrie. Aus ihrer Kehle entrangen sich Laute, die so ganz und gar nicht menschlich klingen wollten. BAM BAM BAM. Noch mehr feuchtes nasses Rot. An der Wand und Spritzer davon auf ihrem Gesicht. Blutrote Flecken tanzten vor ihren Augen und ihre gellenden Schreie blieben ihr im Hals stecken. Wie es sich verteilt hatte an der Wand, all das Blut. Wie immer feinere Spritzer nach außen gestrebt waren. Wie wilde Blumen, oder wie ein großer brennender Planet. Seltsam distanzierter Gedanke in den Tiefen ihrer Hirnwindungen. Und der letzte, ehe sie fiel. Wie eine Marionette, der man die Fäden durchtrennt hatte. schnipp schnapp, sank Kitty zu Boden. Und tief, so tief in ihrer Seele schlug etwas die Augen auf. Eine schlafende Prinzessin. Endlich erwacht! Und mit ihr erwachte der Sturm. Ein wütender schwarzer Wind. Er fegte durch die Bodendielen, aus namenloser Tiefe kommend und es war als hebe er das leblose Mädchen mit sich in die Höhe. Sie stand. Sturm umtost. Für den Bruchteil eines Augenblickes starrte sie den Vater mit ausdruckslosem Blick an, ganz so als betrachte sie eine der Kakerlake, welche träge an der Küchenwand hingen. Dann riss die Kleine ihre Hände nach vorn und ließ den Sturm auf das Monster los. Es taumelte zurück, mit einem entsetzten Ausdruck im Gesicht, Lucys Kadaver immer noch in der Hand haltend. Doch was half das schon? Der Wind erreichte alles und jeden, konnte in jede noch so kleine Fuge eindringen. Er erfasste den Vater, hob ihn in die Höhe und schleuderte ihn mit aller Wucht an die gegenüberliegende Wand. `Kitty hör sofort auf damit!' Da lächelte das Mädchen selig und sprach nur ein einz'ges Wort. "Nein.", sagte sie. Das gleiche kleine Wort, das auch Kitty unzählige Male wimmernd ausgestoßen hatte und das nun aus dem Mund der Andern so ganz und gar verändert klang. Nein. Sie würde nicht aufhören. Er sollte das gleiche Ende finden wie Lucy. Feuchtrote Blüten an dreckig grauer Wand. Er hatte es verdient, verdient, verdient. Und als der Körper des Vaters wieder und wieder gegen den rauen Putz der Wand knallte als er schrie, da bekam ihr Lächeln etwas ganz und gar verzücktes. "Ich bin nicht Kitty." Nein. Sie war anders. Die Andere. Und vielleicht hätte sie das Monster an diesem Tag getötet, hätte seinen nutzlosen Körper zerschmettert, wenn die Großmutter des Mädchens nicht so geistesgegenwärtig gewesen wäre, das Kind mit einer eisernen Bratpfanne niederzuschlagen. Als Kitty später aus ihrer Ohnmacht erwachte, war die Andere fort, ebenso wie die tote Katze. Nur die Tränen, die waren geblieben. Die Tränen und der Schmerz. Exodus "Mrs. Kitty Murray." Die Art wie er ihren neuen Namen aussprach jagten ihr wohlige Schauder über den Rücken. Ja, dachte sie. Ja Mrs. Kitty Murray. Von jetzt an würde sich alles ändern. Für sie. Für ihre Geschwister. Alles. Ein Lächeln lugte an ihren Mundwinkeln hervor, vorsichtig, witternd, ehe es über ihr Gesichtchen huschte, dieses erhellend. Mäuselächeln nannte Duncan es. Und als er ihr eine blonde Haarsträhne liebevoll hinter ihr rechtes Ohr schob, da kehrte es zurück dies Lächeln, verweilte. Sie waren allein nun, in seinem winz'gen Dachzimmer, in dem nicht mal Platz für ein zweites Bett war. Doch es würde genügen und schon bald würden sie sich eine größere Wohnung suchen, als Mann und Frau. Lichtdurchflutet und sauber sollte sie sein. Ein wunderschöner Traum, welchen sie schon ach so lange hegte. Und Duncan hatte es versprochen. Er hatte ihr so viel versprochen. Bald schon würde er sehr viel Geld verdienen. So viel, dass sie nach ihrer Ausbildung gar nicht als Hebamme würde arbeiten müssen. Ein Häuschen würden sie haben am Stadtrand. Ganz schick. Und einen Haufen Kinder, wenn sie es wollte. Sie hatte dann immer gelacht, glockenhell und froh. Beteuernd, dass sie schon mit so viel weniger zufrieden wäre. Wenn wir nur ein Heim haben, groß genug für Kinder, ein Heim in dem wir lachen und tanzen können.. Das wäre genug. Für immer. Tanzen. Niemals nicht hätte sie gedacht, dass ihr dies so endlos viel Freude bereitete. Dabei hatte sie beim ersten Mal und auch bei den drei folgenden Malen immer wieder beharrlich den Kopf geschüttelt, als Duncan sie dazu eingeladen hatte. Doch irgendwann hatte sie nachgegeben, hatte sich mit ihm zum Tanz verabredet. Obwohl sie es doch gar nicht konnte. Kein winz'ges bischen. Ständig war sie ihm auf die Füße getreten. Doch er hatte nur gelacht und sie einfach irgendwann hochgehoben, als wiege sie gar nichts, und auf seine Füße gestellt. Und so hatten sie getanzt, an diesem ersten Abend, dem noch weitere folgten. Inzwischen musste sie nicht mehr auf seinen Füßen stehen um mit ihm über das Parkett zu schweben. "Tanz mit mir." Gehauchte Worte, kaum mehr denn ein Wispern im Wind. "Jeder Zeit, Mrs. Murray." Sie nahm es als Versprechen. Ihr Kopf ruhte an seiner Brust während sie sich langsam im Zimmerchen im Kreis drehten. Zur Musik in ihrem Kopf. Rund herum und rund herum, bis sie sich nur noch wiegten. Bis er ihren Kopf anhob, sich zu ihr hinabbeugte und sie küsste. Leidenschaftlich. Begehrlich, voller Verlangen. Waren sie doch nun Mann und Frau. Und als Duncan seine Hände über ihren Rücken gleiten ließ, dabei den Reißverschluß ihres schlichten weißen Kleides öffnend, da setzte Kittys Denken aus. Die Zukunft schillernd bunt gemalt, spielte plötzlich keine Rolle mehr. Was zählte war nur das hier und jetzt. Schmerzlich langsam glitt der weiche Stoff von ihren Schultern, zu Boden fallend und dort liegen bleibend. Weiß. Mit Spritzern feuchten Rots und rötlichbraunen Schlieren am Saum, dort wo sie mit dem Stoff Caleb das Blut aus dem Gesicht gewischt hatte. Dunkle Muster hatte es auf ihr, zuvor rein weißes, Hochzeitkleid gezaubert. Spritzend, als das Monster, trunken und rasend, den Bruder geschlagen, ihn von ihr fortgezerrt hatte. Und wischend, als sie ohne nachzudenken tat, was sie immer getan hatte. Von jeher. Am nächsten Morgen lag ihr Kleid immer noch am Boden, just dort wo es am Abend zuvor zu Boden gefallen war. Inzwischen hing es in ihrem Schrank, ganz rechts. Und aus feuchten Rot war trockenes Braun geworden. Schillernd bunte Träume waren längst zerplatz nun, doch das Blut des Bruders war immer noch da. Weil Blut anhaftete. Für immer und ewig. | |||||||||||||
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Kitty Murray - von Kitty Murray - 13.10.2021, 15:08
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